Mehr Unfälle durch Raserei

STRASSEN Verkehrsunfälle, bei denen Menschen wegen überhöhter Geschwindigkeit getötet oder verletzt werden, nehmen zu. Bessere Kontrollen und Tempolimit könnten helfen

„Kontrollen, wo es gefährlich ist, nicht, wo es Bußgelder bringt“

GERD LOTTSIEPEN, VCD

VON RICHARD ROTHER

Raser machen das Leben gefährlicher: Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Toten und Verletzten, die durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht wurden, steigt wieder an. Dabei nimmt die Zahl der Verkehrstoten insgesamt seit Jahren ab. Darauf hat der Auto Club Europa (ACE) am Montag hingewiesen.

Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Unfälle durch zu schnelles Fahren im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr erstmals seit sieben Jahren gestiegen, und zwar um 2,1 Prozent. Mit 15,1 Prozente belegen solche Unfälle nun Platz zwei in der Statistik der Unfallursachen.

Gravierend wirkt sich der Druck aufs Gaspedal auf die Zahl der Verkehrsopfer aus. Knapp 40 Prozent der mehr als 4.100 im Verkehr getöteten Menschen starben 2009 bei Unfällen infolge überhöhter Geschwindigkeit; auch fast 27 Prozent der knapp 69.000 Schwerverletzten gingen auf das Konto von Rasern. Unter den an Unfällen beteiligten Rasern befinden sich überproportional viele Motorradfahrer.

Der ACE kritisierte die Verantwortlichen in Bund und Ländern. Sie gingen gegen die Raserei häufig nur gebremst vor, so der Club. Zudem müssten neue Methoden der Geschwindigkeitsüberwachung eingeführt werden. Dazu zähle etwa eine streckenbezogene Geschwindigkeitskontrolle. Dabei wird nicht – wie bei einem Radargerät – die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs an einem Punkt gemessen, sondern über einen längeren Abschnitt hinweg. Raser, die vor einem – häufig bekannten oder angekündigten – Blitzer abbremsen, um nach dem Vorbeifahren wieder aufs Gaspedal zu drücken, könnten so ertappt werden.

Auch der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht die Entwicklung mit Sorge. „Die Kontrolldichte muss zunehmen“, sagte der VCD-Autoexperter Gerd Lottsiepen. „Wichtig ist aber, dass dort verstärkt kontrolliert wird, wo es gefährlich ist, und nicht da, wo es die höchsten Bußgelder einbringt.“ Zudem müsse in Deutschland ein allgemeines Tempolimit eingeführt werden. Eine Ursache für den Anstieg der Unfälle durch überhöhte Geschwindigkeit sei möglicherweise auch, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Autofahrer durch immer bessere Fahrzeugtechnik immer mehr steige – und so zu unvorsichtigem Fahren verleite.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestags, Winfried Hermann (Grüne), fordert eine neue Mobilitätskultur in Deutschland. „Wir müssen wegkommen vom Beschleunigen, Rasen und Bremsen“, sagte Hermann. „Wir brauchen eine Kultur der niedrigen, gleichförmigen Geschwindigkeit.“ Mit einer solchen Fahrweise würden sich Ziele häufig sogar schneller erreichen lassen als durch Raserei, die zu verstopften Straßen führe. „Viele Menschen empfinden Raser als Bedrohung.“