Das große Jammern

AUSBILDUNG Nachfrage nach Lehrlingen gibt es überall – Fleischer und Bäcker sind besonders gesucht

Etwas mehr als 11.500 Ausbildungsverträge sind im vergangenen Jahr bei Mitgliedern der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) abgeschlossen worden, knapp 5.000 waren es bei Betrieben der Handwerkskammer. Die Kammern gehen davon aus, dass es in diesem Jahr etwa genauso viele werden – doch noch seien zahlreiche Plätze unbesetzt.

Auf der virtuellen IHK-Ausbildungsplatzbörse werden derzeit 923 freie Ausbildungsplätze angeboten; bei der Handwerkskammer, die eine ähnliche Internetseite betreibt, sind es etwa 330 offene Stellen. Besonders gesucht seien Anwärter für das Fleischer- und Bäckerhandwerk sowie Fachverkäufer in diesen Sparten, sagt Wolfgang Rink von der Handwerkskammer. Woran das liegt, kann Rink nur mutmaßen: Womöglich seien diese Berufe nicht im Spektrum von Absolventen; kaum einer denkt daran, heutzutage noch Metzger zu werden. Eigentlich seien sie krisensicher. „Gegessen wird immer.“ Voraussetzung seien natürlich ein einigermaßen freundlicher Auftritt und Talent beim Kopfrechnen – das könnte Bewerber auch abschrecken.

Bei der IHK ist es vor allem die Situation im Gastgewerbe, die Sorgen bereitet. Für Koch-Lehrstellen etwa gibt es mehr Angebote als Nachfrage. Insgesamt indes sei das Gejammer im Moment in allen Branchen groß, sagt Christoph von Knobelsdorff, bei der IHK zuständig für Ausbildung. „Inzwischen suchen einige Unternehmen bereits vergeblich Nachwuchs.“

Die Kammern versuchen, mit Förderungen und Hilfen die Gräben zwischen Auszubildenden und Unternehmen zu schmälern, oft in Zusammenarbeit mit der Politik. Über die Erstqualifikation etwa können schwer vermittelbare Jugendliche Praktika bei Unternehmen aufnehmen – häufig ist das die Eintrittskarte in die Firma. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist das zu wenig. „Wenn die Wirtschaft Bildungsdefizite bei Jugendlichen feststellt, dann ist es auch ihre Aufgabe, diese zu beheben“, sagt die Berliner DGB-Vorsitzende Doro Zinke.

Die Zeit jedenfalls drängt, und die Entwicklung in der Region dürfte vom Rest des Landes beachtet werden: In Berlin ballen sich soziale Probleme, die die Ausgangsbedingungen für Jugendliche verschärfen. Und aus Brandenburg wandern so viele Menschen ab, dass Landstriche brachzufallen drohen. PEZ