Ansichtssache Polizeieinsatz

PROZESS Die Verhandlung gegen drei Polizisten wegen falscher Verdächtigung endet mit Freispruch

Zwölf Stunden Verhandlung endeten gestern für drei Polizisten aus Hannover vor dem Göttinger Amtsgericht mit einem Freispruch. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, absichtlich falsch einen Journalisten belastet zu haben, um ein Verfahren gegen ihn in Gang zu setzen.

Anlass war eine Situation in der Göttinger Innenstadt im Mai 2006. Vor dem Bahnhof hatten sich Neonazis zu einer Kundgebung gesammelt, die GöttingerInnen demonstrierten dagegen. Die drei Angeklagten führten fernab der Demo Personalienkontrollen durch. Einer von ihnen warf einen Demonstranten zu Boden, woraufhin Journalist S. einschritt. Er wollte den Beamten bremsen, der „wütend“ gewesen sei und „die Kontrolle verloren“ habe, wie S. vor Gericht sagte.

Video beweist Unschuld

Die Polizisten hatten ausgesagt, S. habe durch Zerren an der Uniform des W. diesen von der Festnahme abhalten wollen. Einer der drei wollte sogar einen Tritt in den Rücken seines Kollegns gesehen haben. Deswegen wurde gegen den Journalisten ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet, das mittlerweile mangels Aussicht auf Verurteilung eingestellt wurde.

Auf einem Video ist jedoch zu sehen, wie der Journalist den Polizisten kurz mit der flachen Hand berührte. „Die Aussagen der Angeklagten sind falsch“, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Hugo Heimgärtner. Das bestritten zuletzt nicht einmal mehr die Verteidiger der Polizisten. Uneins waren sich die Parteien, ob die Beamten absichtlich falsche Angaben gemacht oder die Situation nur anders wahrgenommen hatten. Wie einer der Beamten im Prozess sagte, hätten Polizisten in einem solchen Einsatz eine „eigene Wahrnehmung“ und könnten „keine hundertprozentige Aussage treffen“. Entsprechend widersprachen sich die Angeklagten in ihren Aussagen.

„Alle diese Zeugenaussagen zeigen uns, wie schlecht Zeugen als Beweismittel sind“, kommentierte Richter Lars Malskies den Freispruch. Es sei den Beamten nicht nachzuweisen, dass sie vorsätzlich falsche Angaben gemacht hätten. Zwar wäre die Maßnahme „sicher keine Sternstunde der Polizeiarbeit“ gewesen. „Aber wir können von Polizisten auch nicht immer Überdurchschnittliches erwarten.“

Oberstaatsanwalt Heimgärtner sagte: „Wir müssen in die Richtigkeit der Angaben von Polizeibeamten vertrauen können.“ Das Schlimmste, was Strafverfolgungsbehörden passieren könne, seien falsche Anklagen. Beim Journalisten entschuldigte er sich. Heimgärtner forderte für die drei Angeklagten jeweils vier Monate Haft. Den Freispruch wollte er nicht kommentieren. Ob er Rechtsmittel einlegen werde, ließ er offen. BENJAMIN LAUFER