Wieder bezugsfertig: 2raumwohnung im neuen Remix und Gegenwartstechno mit Der Dritte Raum

Eins darf man sich dann doch mal fragen: Sind 2raumwoh-nung eigentlich noch aktuell? Braucht das noch jemand? Dieses provozierend unterkühlte Berlin-ist-schon-geil-Gefühl? Diese diffuse Sommer-ist-doch-prima-Stimmung? Diesen penetranten Party-ist-doch-super-Optimismus? Lange Frage, kurze Antwort: Wird offensichtlich noch gebraucht.

„Lasso“, das letzte Album des Berliner Duos, stieg bis auf Platz 5 in den deutschen Charts. Daran liegt es allerdings nicht, dass „Lasso Remixe“ nachgelegt wurde. Diese Verlängerung ist bei 2raumwohnung schon immer Programm. Zum Einstieg dehnt Paul Kalkbrenner „Wir werden sehen“ auf nahezu zehn wunderbar warme Minuten, später arbeitet Thomas Schumacher die lateinamerikanische Dimension von „Der letzte Abend auf der Welt“ heraus und Westbam reduziert „Body Is Boss“ auf eine Bassline und ein wenig Schaben. Blake Baxter, Techno-Legende aus Detroit, macht mit „Rette mich später“ so ziemlich exakt das, was man von einer Techno-Legende aus Detroit erwarten darf: Er mischt die Bass-Drum nach vorn und legt ein paar schnarrende Vocals drüber. Was auffällt, auch bei den weiteren Beiträgen von Moritz von Oswald und Inga Humpe selbst: Der Respekt vor den Originalen ist kaum vorhanden und die Vorlagen sind des öfteren nur mehr zu erahnen. Man könnte also mit Blick auf die längliche Eingangsfrage sagen: 2raumwohnung sind durchaus noch zu gebrauchen, jedenfalls für einen ordentlichen Remix, wenn auch womöglich nur in homöopathischen Dosen.

Gut gemacht auf „Lasso Remixe“ hätte sich auch Andreas Krüger. Erstens, weil der aus Göttingen stammende Produzent seine Tracks unter dem eine gewisse etymologische Parallelität nicht verbergen könnenden Namen Der Dritte Raum veröffentlicht. Zweitens, weil Krüger schon über anderthalb Jahrzehnte, seit er von Sven Väth für dessen Label Harthouse verpflichtet wurde, den Techno in diesem Land mitgeprägt hat.

Tatsächlich führt Krüger auf „Rosa Rausch“, dem siebten Album von Der Dritte Raum, vor, wie Techno klingen kann, wenn man im Hier und Jetzt lebt, ohne gleich die Vergangenheit in die Tonne zu treten. Einerseits klingen seine Stücke in Ehren ergraut, benutzt er vornehmlich Sounds aus den Neunzigern, von mittlerweile altersschwachen Synthies und Rhythmusmaschinen. Andererseits sind die Tracks lange nicht mehr so simpel aufgebaut wie damals, überwältigen nicht allein durch schiere Kraft, sondern steigern sich viel diffiziler in den im Titel versprochenen Rausch hinein. Bevor es kräftig einen auf den Deckel gibt, wird auch mal Watte verteilt. Schön stupide darf sein, aber dann sollte zumindest die Atmosphäre offen fürs Gefühlige bleiben.

2raumwohnung haben einst Technorhythmen in ihre Songs integriert, die Clubkultur in den Pop geholt. Nun kann man, mit ein klein wenig Fantasie zumindest, vielleicht sogar hören, wie 2raumwohnung umgekehrt wieder einen wie Krüger zurückbeeinflusst haben. Im Zusammenspiel befördert man sich so noch einmal gegenseitig in die Aktualität. THOMAS WINKLER

■ 2raumwohnung: „Lasso Remixe“ (It Sounds/EMI), live am Sa. beim Sommerfestival in der Wuhlheide

■ Der Dritte Raum: „Rosa Rausch“ (Save To Disc/Wordandsound)