BVG in der falschen Spur

Die BVG will bis zu zehn Teilstrecken der Straßenbahn durch Buslinien ersetzen – obwohl die Energiekosten für die Tram wesentlich geringer sind. Fahrgastverband fordert deshalb Ausbau des Netzes, vor allem auf vielbefahrenen Strecken

Ein Kilometer Busfahren kostet die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) 42 Cent, berechnet man nur den Energieaufwand. Ein einzelner U-Bahn-Waggon dagegen bewegt sich deutlich billiger: Hier schlagen lediglich 20 Cent pro Kilometer zu Buche, bei einem ganzen Zug 1,18 Euro. Dies geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Wirtschaft auf eine parlamentarische Anfrage hervor.

Die Zahlen zeigen: Busse sind am teuersten, U-Bahnen am günstigsten. Die Tram liegt mit 33 Cent pro Waggon und Kilometer in der Mitte, für einen ganzen Zug werden sogar nur Kosten von 45 Cent berechnet. Zahlen für die S-Bahn lagen gestern noch nicht vor. Experten rechnen allerdings damit, dass die Kosten von U-Bahn und S-Bahn sich stark ähneln.

Die Betriebskosten hängen allerdings nicht nur von den Energiepreisen, sondern auch von der Auslastung der Strecken ab. Straßenbahnen sind bei wenigen Passagieren deutlich teurer als Busse: „Wir müssen für die Straße nichts zahlen, für die Schiene schon“, erklärt Thomas Necker, Betriebsvorstand der BVG. Erst ab 5.000 Passagieren pro Tag lohne sich eine Straßenbahn. Bei wenig frequentierten Linien will die BVG deswegen in Zukunft die Tram durch den Bus ersetzen. In den nächsten zwölf Monaten soll dies ungefähr zehn Teilstrecken betreffen – welche genau, stehe noch nicht fest, erklärte Necker.

Das Projekt „Pro Tram Berlin“ sieht dennoch gute Gründe dafür, an Straßenbahnlinien festzuhalten. Es sei empirisch erwiesen, dass Fahrgastzahlen immer zurückgingen, wenn ein Bus eine ehemalige Straßenbahnlinie bediene, so Ingolf Berger, Initiator des Projekts. Das habe viel mit dem Fahrkomfort zu tun: „Versuchen sie mal, in einem Berliner Bus Zeitung zu lesen.“ Auf der Strecke von der Bornholmer Straße Richtung Virchow-Klinikum seien nach der Umstellung 90 Prozent weniger Passagiere eingestiegen, sagte Berger.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert, Bus- durch Straßenbahnlinien zu ersetzen. „Fast alle so genannten Metrobuslinien haben eine Auslastung, die ein Umstellen auf Straßenbahnlinien rechtfertigt“, sagte Christfried Tschepe, der Vorsitzende des Verbands.

Mehr Straßenbahnlinien plant die BVG in naher Zukunft jedoch nicht. Berlin habe eines der dichtesten und besten Nahverkehrsnetze, so Necker, das könne man nicht noch weiter ausbauen. Man überlege dagegen, wie man „wirtschaftlich noch besser“ handeln könne. Um die Energiekosten zu senken, habe man auch in die zwei Wasserstoff-Busse investiert, die seit der Fußball-WM in Berlin unterwegs sind. Die BVG geht davon aus, dass der Wasserstoffpreis in den nächsten vier bis fünf Jahren deutlich sinkt und dass sich die Investition auf lange Sicht auszahlt.

Die Herstellung des Wasserstoffs ist aber noch sehr energieaufwändig und teuer. Der Berliner Umweltverband BUND sieht diese Busse deswegen sehr kritisch. Tilmann Heuser, BUND-Landesgeschäftsführer, sieht elektrische Verkehrsmittel als nicht nur umweltverträglicher, sondern auch attraktiver für den Kunden an. „Niemand fordert, auf extrem schwach ausgelasteten Strecken Straßenbahnen zu bauen.“ Aber vor allem bei Metrolinien und Bussen, die viel genutzt würden wie vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz, sei Tramverkehr angebracht.

Marlene Wolf