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leserinnenbriefe

Ein „Scheiß-Staat“

■ betr.: „Kein Herz für Mullah Omar“, tazzwei vom 18. 8. 10

Der Artikel spricht mir von Herzen. Die Bilder der Flutkatastrophe sind schrecklich, aber als ich den Impuls hatte zu spenden, hatte ich sofort die Bilder von „Tod Amerika“, „Tod dem Karikaturisten“, „Tod der ganzen Welt“ vor Augen. Es ist zwar irrational, aber Pakistan ist für mich tatsächlich ein „Scheiß-Staat“.

THOMAS ALRAUN, Ummendorf

Pakistan als korrupt präsentiert

■ betr.: „Das entscheidende Detail“, tazzwei vom 17. 8. 10

Grundsätzlich spendet man sicher leichter für Menschen, deren Länder einem vertraut sind. Hier hat die Presse in den letzten Jahren uns Pakistan als korrupten islamischen Staat, teilweise beherrscht von den Taliban, präsentiert. Zweitens haben die NGOs es nie für nötig erachtet, über die ihnen gespendeten Gelder detailliert Rechenschaft abzulegen. Es tauchen immer wieder Gerüchte von großen, nicht ausgegebenen Geldsummen auf, die auf Bankkonten deponiert sind. Wen wundert es da, dass wir diese Art von Business sehr skeptisch betrachten, aber vielleicht sind die NGOs und die Presse lernfähig. KLAUS HUNEKE, Hamburg

Spenden ohne Gesinnungsprüfung

■ betr.: „Kein Herz für Mullah Omar“, tazzwei vom 18. 8. 10

Die Logik des Artikels lässt sich einfach zusammenfassen: Naturkatastrophen als kathartische Lösung für die Probleme, die man als anständiger Demokrat so hat, nämlich mit diktatorischen/terroristischen/patriarchalen – nein, nicht Regierungen, sondern ganzen Gesellschaften: „Die“ kann man dann nämlich jetzt anscheinend durch das Nichtspenden zum Umdenken zwingen – und erteilt sich gleichzeitig auch noch Absolution für die vom Westen durch Klimawandel mit angeheizten Überschwemmungen, die sich damit als Mittel des politischen Wandels verkaufen lassen.

Ich frage mich, für welche Länder man, an Yücels Ansprüchen gemessen, überhaupt noch spenden darf. Hungersnot in Sudan? Geht nicht, „die“ morden in Darfur. Somalia? „Die“ bilden islamistische Terrorgruppen aus und entführen unsere Schiffe. Gaza? Sind alle in der Hamas. Erdbeben in Haiti? Militärdiktatur. Türkei? Genozid an den Armeniern. USA nach „Kathrina“? Haben auch die Bombe. Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg? Alles Nazis. Oderflut? Stasi. Kurzum: Wenn man das Maß an Kollektivschuld, das „die“ pakistanische Gesellschaft anscheinend auf sich geladen hat, an andere Länder ansetzen würde, bräuchte man praktischerweise gar nicht mehr zu spenden und würde nach Yücels Logik mit diesem politischen Akt auch noch was zur Verbesserung der Welt tun.

Was der Autor schlichtweg nicht verstanden hat, ist, dass humanitäre Hilfe eben nicht mit Entwicklungshilfe gleichzusetzen ist. Bei Letzterer kann man noch halbwegs damit argumentieren, dass sie einem bestimmten Zweck folgen soll. Humanitäre Hilfe hingegen zielt darauf ab, Menschen nach einer Katastrophe das Überleben zu ermöglichen, und zwar ohne Gesinnungsprüfung und Bekenntnis zur FDGO, die dann bestimmen wird, welches Leben oder welche Gesellschaft mehr und welche weniger wert ist. FREDRIK HOLST, Berlin

Sehr spezielle Fragen

■ betr.: „Kein Herz für Mullah Omar“

Wer eine Spende an die Opfer eines Hochwassers leistet, handelt im altruistisch, menschlichen Sinne. Gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Diskurse sollten durchaus politisch verhandelt werden, aber nicht in Zeiten der existenziellen Not einzelner Gesellschaftsmitglieder. Sie rationalisieren Hintergründe, die lediglich eine Teilsicht auf die pakistanische Gesellschaft darstellen und zugleich eine sehr europäische und deutsche Position darstellen.

Stellen sich denn alle potenziellen SpenderInnen diese doch sehr speziellen Fragen und kann das letztlich Ausschlag dafür geben, ob man hilft, wenn Menschen an Krankheiten sterben oder obdachlos im Regen verharren müssen? Ist es nicht die ungeschönte Wahrheit, wenn sie feststellen, dass die Entscheidung gegen eine Spende damit zusammenhängt, dass die pakistanische Bevölkerungsmehrheit muslimischen Glaubens ist? Wie wichtig sind vergangene Demos gegen Karikaturen, wenn sie sich Fragen müssen, ob ich in einer Situation einem Menschen helfe, weil sie oder er sich in existenzieller Not befindet? Welche SpenderIn hatte sich bei der Oderflut 1997 und bei der Flut in Sachsen 2002 tatsächlich gefragt, wie vielen Neonazis es in diesen Landstrichen an den Kragen gegangen war? Eine Gesellschaft auf eine Religion oder eine politische Ausrichtung hin als nicht wertvoll genug einzuschätzen, ist nicht menschlich, sondern eine Katastrophe für den letzten Funken Empathie, den eine Gesellschaft wie die deutsche besitzt. THOMAS STANGE, Berlin

Hilfreich und solidarisch

■ betr.: „Kein Herz für Mullah Omar“

Angenommen, Deutschland würde von einem flächendeckenden atomaren Unglücksfall betroffen. Die internationale Hilfe liefe nur schleppend an. Die internationale Presse räsonierte darüber, woran das wohl liegen könnte, und riefe alle Negativschlagzeilen ihren Lesern wieder ins Gedächtnis, die es in den letzten Jahren und Jahrzehnten aus Deutschland zu berichten gegeben hätte. Als wie hilfreich und solidarisch empfänden wir das in unserem Unglück?

ULRICH ZIMMERMANN, Frankfurt am Main

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