Ein Ort. Überall.

Immer wieder ist Volker Koepp in seinen Filmen in die Region um Czernowitz zurückgekehrt. „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“, sein wohl bekanntester Film, setzte zum Beispiel den zwei letzten Holocaust-Überlebenden aus der ukrainisch-rumänischen Grenzstadt ein wunderbares filmisches Denkmal. Dennoch ist dieser Ort weder filmisch noch erzählerisch ausgeschöpft, wie Koepp in „Dieses Jahr in Czernowitz“ (22.45 Uhr, ARD) eindrucksvoll vorführt. Denn er findet immer wieder Menschen, die so von sich und ihrer Familie, vom Exil und von Czernowitz erzählen können, dass der Ort ein ums andere Mal mit Bedeutung gefüllt wird. „In London und Israel, überall, traf ich Leute mit der Heimat ‚Czernowitz‘. Ich merkte, dass auch bei der nächsten Generation, bei Leuten, die gar nicht mehr dort geboren oder aufgewachsen sind, dieses Czernowitz nachwirkt“, erläutert Koepp seine erneute Annäherung an die Stadt. Doch auch junge Einwohner der Stadt wie die Sprachwissenschaftlerin Tanja, die gerade ihr Studium beendet hat und nach ihrer Hochzeit nach Jena ziehen wird, erzählen von den Spuren, die der Holocaust im Ort hinterlassen hat. Dabei wird die Stadt von Koepp nie als Projektionsfläche instrumentalisiert, ist weder Leerstelle noch überladenes Symbol: Sie ist einfach in wunderschönen blaustichigen Bildern im Film verankert und strahlt von dort aus in die Leben der Protagonisten. Die österreichischen Schwestern Evelyne und Katja Mayer, die Koepp bei ihrer ersten Fahrt in die Heimat der Eltern begleitet, beschreiben die Begegnung mit der Stadt so: „Es ist furchtbar aufregend hier zu sein. Aber auch völlig normal. Jeder hat doch einen Ort, wo sich die Eltern getroffen haben.“ HPI Foto: SWR