IN DER KÜHLEN KÜCHE
: Über einen Kamm

Nils Schuhmacher

Es ist ja so: Die einen können entlang kleinster Details eine Sache in unzählige Strömungen und Subgrenres zerlegen, während die anderen erst einmal genau hinhören müssen, um zu erkennen, dass sich die heutigen Singer-/Songwriter nicht ohne Weiteres über einen Kamm scheren lassen. Bei Nathaniel Rateliff hieße dieser Kamm wohl Woody Guthrie, erst dann kommen spezifische Qualitäten zur Geltung. Vorgestern noch im Nebel, gestern bereits mit spärlichen Songs, staubiger Atmosphäre und ergriffener Stimme als kleiner Geheimtipp gehandelt, ist der Mann heute gar nicht mehr geheim (21. 2., Indra, 19 Uhr).

Wer 1994 nicht ganz genau hinhörte (oder einfach nicht so gut Englisch konnte), der ging fast davon aus, die zuckersüße schwedische Popgruppe Cardigans habe da gerade ein Hochlied auf die Volxküchen dieser Welt präsentiert: „Reis und Scheiß“. Mittlerweile heißen die „Voküs“ korrekter „Küche für Alle(s)“, und der damalige Megahit ist ein wenig in Vergessenheit geraten. Und die kollektive Sonne, die offenbar über Schweden schien, ist außer Betrieb: Von den Cardigans ist derzeit nur Nina Persson übrig, aber man muss schon genau hinhören, um die Verbindung zwischen der älteren und der neueren Art ihrer schön dahinfließenden Popmusik herstellen zu können (22. 2., Mojo Club, 19 Uhr).

2010 war Nathaniel Rateliff noch Gärtner in Denver, die Cardigans pausierten, und die Band Warpaint gab es schon seit sechs Jahren. Ihre erste Veröffentlichung (2008) hatte Supportpositionen bei bauähnlichen Bands wie Vampire Weekend eingebracht, von denen, die es wissen müssen, hagelte es schließlich großflächiges Lob: so viel schneidende Kühle, so artifiziell, so toll nach späten 70ern klingend, nach Siouxsie-and-the-Banshees-meets-Joy-Division. Die Band selbst zählte mal 15 ganz andere Einflüsse auf – hat sie einfach nur genauer hingehört? (26. 2., Grünspan, 19 Uhr)