Wo waren Sie eigentlich am Sonntag?

„TATORT“ MIT NEUEM PERSONAL

Da geht noch mehr an Berlin-Branding als nur der Fensehturm zur Ortskennung

Da liest man immer wieder in den Zeitungen, dass das Fernsehen wegen der schönen Möglichkeiten im Netz als Medium doch irgendwie durch sei, und das deutsche Fernsehen sowieso. So eine verschnarchte Angelegenheit. Die US-Serien solle man gucken oder wenigstens die dänischen Politthriller im TV-Format, mit denen könne man noch den Puls der Zeit messen, während so ein „Tatort“, liest man immer wieder in den Zeitungen, doch nur was zum Einschlafen sei.

Und dann versammeln sich die Menschen vor der Glotze und schauen sich genau den im deutschen Fernsehen an. Fast zehn Millionen waren das vergangenen Sonntag, eine prima Quote für einen RBB-Tatort, der ansonsten wie die Hertha in der Bundesliga bei den Ermittlerteams eigentlich nicht oben an der Spitze mitspielt. Und dieses Zuschauerinteresse an „Großer schwarzer Vogel“ lag schon auch daran, dass es sich bei dieser Folge um die letzte Ermittlung von Dominic Raacke als Till Ritter handelte. Sein Partner Boris Aljinovic muss noch einmal allein ran.

Überall in den Zeitungen war es vorab zu lesen, womit sich der RBB in der Aufmerksamkeitsökonomie eine fette Schnitte abschneiden durfte für seinen „Tatort“, und jetzt hat man, um auch richtig im Gespräch zu bleiben, gleich nachgelegt und Anfang dieser Woche die Nachfolger von Raacke und Aljinovic präsentiert.

Nina Rothe und Robert Karow sollen sie also heißen, gespielt von Meret Becker und Mark Waschke. Die Sängerin und Schauspielerin ist zuletzt nicht wirklich groß aufgefallen, war aber doch irgendwie immer da. Waschke vom Schaubühne-Ensemble darf darauf verweisen, dass er an der Schauspielschule Ernst Busch in der längst legendären Klasse mit Nina Hoss, Lars Eidinger und Devid Striesow gesessen hat.

Außerdem, verkündete der RBB, soll es noch einen dritten Hauptdarsteller geben in seinem neuen „Tatort“, nämlich die Stadt Berlin. Was wirklich mal ein neuer Ansatz wäre, begnügte man sich bis dato doch meist damit, ab und zu den Fernsehturm als Ortskennung ins Bild zu bringen. Da geht schon noch mehr an Berlin-Branding. Und in dieser Hinsicht ist die Besetzung mit Meret Becker tatsächlich ein geschickter Zug, zählt sie doch bereits dank der Familienbande mit Bruder Ben und Otto Sander, ihrem 2013 verstorbenen Stiefvater, fest zum Berliner Inventar.

Was da alles an Berlin im „Tatort“ möglich ist? Ab 2015 wird man es sehen. Und Deutschland schaut zu.

Ach ja, wo waren Sie eigentlich am Sonntagabend, so gegen halb neun? THOMAS MAUCH