HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI
: Eine Überdosis Wolfsblut

Der Genrekenner William L. DeAndrea sprach vor Jahren im Zusammenhang mit dem klassischen Krimi von „Fairplay“ – und meinte die Autoren, die es als Berufsehre ansahen, ihren Lesern alle nötigen Hinweise zu liefern, so dass diese an der Lösung des kriminalistischen Rätsels teilhaben konnten. Völlig verpönt war es in diesen Kreisen, den Täter gegen Ende mit Hilfe eines Überraschungsmanövers aus dem Hut zu zaubern.

Heute muss diesen Ansprüchen nicht mehr genügen, wer Anerkennung will. Denken wir an die gelobte TV-Serie „Kommissarin Lund“, deren Plot schon allein daran krankte, dass das bestialisch malträtierte Opfer im Lauf seines Martyriums mehr Blut verlor, als ein normaler Mensch in seinen Adern hat. Aber vielleicht hatte es irgendwann heimlich nachgetankt. Ob im Buch oder TV, Krimifreunden wird reichlich Mumpitz aufgetischt. Es empfiehlt sich, das Beste aus der Misere und selbige zum Spiel zu machen.

Das schwedische Fernsehen, das ZDF und die EU, die über die Bereitstellung von Fördermitteln zum Handlanger wurde, liefern selbdritt mit ihrer frei nach den Romanen Camilla Läckbergs angerichteten TV-Reihe erstbestes Material. Die Spielregeln sind variabel. Vielleicht bei jedem Anschlag auf die Logik ein Gläschen Elchblut (schwedische Spirituose!), einen Happen Surströmming, einen Abba-Song? Wenn beispielsweise in einem nicht einmal 1.000 Einwohner aufbietenden Weiler Mord um Mord geschieht und Folge für Folge Alteingesessene – keine Episode ohne Rückblende – auftauchen, die man nie zuvor gesehen hat. Oder wenn sich die Heldin auf einer Insel absetzen lässt und völlig im Trüben bleibt, wie sie eigentlich zurückgelangt. Und so weiter.

Aber Obacht. Es wird so häufig gepfuscht, dass Trinkspielchen nur mit schwersten Gesundheitsschäden enden können. Skål.

„Camilla Läckberg – Mord in Fjällbacka: Die Hummerfehde“; So., 22 Uhr, ZDF