editorial

Fast so lange wie es die sonntaz gibt, gibt es die Idee, eine Liebeskummer-Ausgabe zu machen. Damals, im Jahr 2009 nämlich, machte ein sympathischer Kollege, der verlassen worden war, bei uns ein Praktikum, und konnte ob des Schmerzes von nichts anderem reden. Sie, seine Herzfrau, wollte nichts mehr wissen von ihm.

Um ihn zu trösten, planten wir eine Ausgabe zu Liebeskummer mit ihm. „Ist Liebe ewig?“ „Sind Menschen ersetzbar?“ „Gibt es für jedeN nur eineN?“ – waren etwa Streitfragen, die uns einfielen. Weil der Kollege sich aber bald wieder verliebte, drängten sich dann doch andere Themen auf. Wichtigere womöglich, obwohl es nichts Wichtigeres geben kann, als die Liebe. Sie ist existenziell. Sie ist politisch. Sie stellt die Geschlechterfrage, die Rollenfrage, die Reproduktions- und Ökonomiefrage, die Gewaltfrage, die Ich-Du-Er-Sie-Es-Frage, sie will Antworten auf Wahrheit und Lüge, Loyalität und Verrat. Eros, Thatanos. Liebe, Tod.

Wir sollten uns ständig mit der Liebe beschäftigen und tun es doch nicht, verdrängen sie im Alltag, verdecken sie mit selbstgewählten oder aufgezwungenen anderen Aufgaben. Erst wenn sie nicht mehr da ist, merken wir es und leiden.

So verging auch in der sonntaz die Zeit. In einem Jahr trennten sich fast alle, und alle fanden, wir sollten eine Liebeskummerausgabe machen. Niemand tat es.

Diesen Winter nun nahm eine Kollegin das Heft in die Hand. Auf der Suche nach dem Hospital der gebrochenen Herzen hatte sie eine Frau gefunden, die an gebrochenem Herzen, dem Broken-Heart-Syndrom, litt. „Jetzt oder nie“, sagte sie. Wann? „Nach dem Valentinstag der Absturz.“

So kommt es, dass wir nicht der Liebe sondern dem Kummer darüber diese Ausgabe widmen. Dabei stellten wir fest, nichts ist so schwierig, wie über das Leiden an der Liebe zu schreiben. Denn es ist immer gleich – so unterschiedlich die Menschen auch sein mögen, die es trifft.

Trotzdem hoffen wir, dass Sie an den nächsten Seiten, auf denen wir über Menschen schreiben, die Kummer erleben und Kummer bereiten, Freude haben, trotz des Schmerzes, der in manchem Satz steckt.

Ihre sonntaz-Redaktion