Präsident Gnadenlos

KOMMENTAR Weiter gegen Homos & Aktivisten

Für Wladimir Putin läuft alles zufriedenstellend und damit nach Plan – fast jedenfalls. Zwar könnte das russische Olympiateam bei der Jagd nach Edelmetall noch zulegen. Doch das Wetter spielt so leidlich mit, in die Protestzone traut sich ohnehin niemand, und auch Islamisten halten sich allen anderslautenden Drohungen vor den Winterspielen zum Trotz zurück. Kurzum: Größere Kollateralschäden sind bislang ausgeblieben.

Während die Welt also auf die Olympischen Spiele starrt, geht andernorts in Russland das große Reinemachen unbekümmert weiter. Business as usual eben in Putins lupenreiner Demokratie. So verurteilte vorigen Mittwoch ein Gericht in Krasnodar den Aktivisten Jewgeni Witischko zu einer dreijährigen Haftstrafe. Der Wissenschaftler hatte sich erdreistet, gegen Umweltschäden im Zuge der Vorbereitung der Olympischen Winterspiele zu protestieren.

Damit ist also ein weiterer Regierungskritiker vorerst kaltgestellt – was jedoch Thomas Bachs Freude an den so erfolgreichen Spielen nicht trüben konnte. Witischko habe, soweit er informiert sei, gegen geltende russische Gesetze verstoßen, ließ der IOC-Präsident wissen. Das heißt nicht anderes, als dass der Umweltoppositionelle die nächsten drei Jahre zu Recht in einem Straflager verschimmelt.

Auch in Sachen Adoptionsverbot für Ausländer legte die Regierung in dieser Woche nach und besorgte es Homosexuellen noch einmal tüchtig. Künftig dürfen Bürger von Staaten, in denen gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sind, keine russischen Heimkinder mehr adoptieren.

Viele hatten gehofft, dass der Kreml wenigstens während der Zeit von Sotschi nicht in gewohnter Manier agieren würde.

Ein Trugschluss. Putin und die Seinen gehen unverändert hart gegen alles ihrer Meinung nach Bedrohliche und Abartige vor. Doch vielleicht steht dahinter ja die Idee, dass gerade jetzt sowieso niemand so genau hinsieht.

Man darf gespannt sein, was nach den Tagen von Sotschi kommt. Fest steht: Lustiger und wärmer, außer in rein klimatischer Hinsicht in Sotschi, wird es nicht werden. Im Gegenteil: Diejenigen, die befürchten, das russische Regime werde nach den Spielen noch härter hinlangen, dürften richtig liegen. Leider.

BARBARA OERTEL