Ärger mit den Auflagen

Das Amtsgericht Hildesheim verurteilt Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat zu einer Geldstrafe. Er hätte die Teilnehmer einer Demonstration davon abhalten müssen, die Stufen der Jakobikirche in der Innenstadt zu betreten

Der Geschäftsführer des Niedersächsischen Flüchtlingsrates, Kai Weber, ist gestern vom Hildesheimer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 150 Euro verurteilt worden. Die Strafe sei für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden, sagte ein Justizsprecher der taz. Weber kündigte an, er werde Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Ob auch die Staatsanwaltschaft in Berufung geht, war zunächst unklar.

Die Staatsanwaltschaft hatte Weber vorgeworfen, als Leiter einer vom Flüchtlingsrat angemeldeten Demonstration gegen Auflagen verstoßen zu haben. So habe er nicht verhindert, dass Demonstranten einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde zehn Sekunden lang mit „Arschloch“-Zwischenrufen beleidigt hätten. Zudem habe er zugelassen, dass sich Demonstranten entgegen den Auflagen auf die Stufen vor der Innenstadtkirche St. Jakobi gesetzt hätten.

Den Vorwurf, die Zwischenrufe nicht unterbunden zu haben, ließ das Gericht gestern fallen. Diese habe Weber in seiner Funktion als Versammlungsleiter kaum verhindern können. Wohl aber hätte er dafür sorgen müssen, dass alle Demonstranten die Auflage befolgten, die Treppenstufen der Kirche nicht zu betreten.

„Die Urteilsbegründung ist lächerlich“, sagte Weber. Wer die örtlichen Verhältnisse in Hildesheim kenne, wisse, dass die Treppen vor der Jakobikirche von Passanten gerne zum Ausruhen genutzt würden. „Die Treppenstufen waren zum Zeitpunkt der Demonstration weder abgesperrt, noch wurden sie von den Rednern und Rednerinnen der Demonstration genutzt“, erklärte Weber. „War es meine Aufgabe als Demonstrationsleiter, dafür zu sorgen, dass nur Personen, die nicht an der Demonstration teilnehmen, die Stufen betraten?“ Nach Angaben Webers hat selbst die Leiterin des Hildesheimer Ordnungsamts während der Ermittlungen erklärt, sie habe die auf den Stufen sitzenden Personen für „Angehörige der örtlichen Punk-Szene“ gehalten.

Grundlage der Anklage waren Ermittlungen und eine Anzeige der Hildesheimer Polizei. Die Beamten hatten der Anzeige 15 Fotos und Video-Ausdrucke sowie einen „Video-Verlaufsbericht“ beigefügt. Weber kritisiert auch, dass die Polizei alle Kundgebungsteilnehmer gefilmt und die Namen von Flugblattverteilern registriert habe: „Es wurde ein Aufstand betrieben, als hätten wir uns die Befreiung aller politischen Gefangenen und den Sturm auf die Gefängnisse auf die Fahnen geschrieben.“

Reimar Paul