Politiker müssen für Eon-Reisen löhnen

Geldauflage statt Anklage: Die Kölner Staatsanwaltschaft stellt erste Ermittlungen gegen Lokalpolitiker ein, die auf Kosten des Stromkonzerns Eon Lustreisen unternommen haben. Justiz sieht „keinen Hinweis auf Bestechlichkeit“

KÖLN taz ■ Die vom Energiekonzern Eon gesponserten Vergnügungsreisen waren für die beteiligten Politiker nun doch nicht kostenlos. Bis zu 7.000 Euro Geldauflage müssen Stadträte und ehemalige Landtagsabgeordnete bezahlen, damit die Staatsanwaltschaft Köln ihre Ermittlungen wegen Vorteilsnahme einstellt. Drei Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke Nettetal haben die Auflagen bereits gezahlt. Auch die Ermittlungen gegen 15 weitere Personen werden eingestellt – wenn die Lokalpolitiker der Zahlungsaufforderung nachkommen.

Im Januar dieses Jahres hatten die Kölner Staatsanwälte nach Razzien in der Firmenzentrale des Gaslieferanten Eon Ruhrgas Ermittlungsverfahren gegen 159 Politiker und Stadtwerke-Manager eröffnet. Sie sollen sich – zum Teil mit ihren EhepartnerInnen – auf Reisen nach Barcelona, Amsterdam oder auf Bohrinseln vor der Küste Norwegens auf Eon-Kosten amüsiert haben. Auch der Konkurrent Thyssengas soll das System der „Eon-Tours“ angewendet haben, um sich Entscheidungsträger in den Städten zu Freunden zu machen.

„Das war ganz bestimmt keine Posse. In den Ermittlungen ist ein flächendeckendes System erkennbar geworden“, sagte der Kölner Staatsanwalt Günther Feld. Dennoch werden wohl nur wenige Fälle zur Anklage gebracht. „In keinem Fall ist der Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt worden“, so Feld. Es habe nicht nachgewiesen werden können, dass die Annahme der Reise konkrete politische Entscheidungen beeinflusst habe.

Die Höhe der Auflagen variiert zwischen 200 Euro für ein Abendessen mit Ehefrau und mehreren tausend Euro für mehrtägige Urlaube. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist davon auszugehen, dass die meisten Politiker die Verschlechterung des Preis-Leistungsverhältnis der Reisen akzeptieren und die unangenehme Angelegenheit schnell aus der Welt schaffen wollen. „Fast alle sind interessiert daran, das Verfahren zu beenden“, sagte Feld.

Die Erfolgsaussichten einer Anklage erschienen in den meisten Fällen gering. Im vergangenen Monat hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass kommunale Abgeordnete nicht als Amtsträger gelten – und sich deshalb nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen können. Bei Korruptionsexperten wie dem Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok stößt dies auf Kritik: „Ein Teil der Sanktionsmöglichkeiten wird dadurch abgeschnitten“, sagte er der taz. Deshalb sei es sinnvoll, von Stadträten die Offenlegung ihrer Nebentätigkeiten zu verlangen, wie es bei Landtags- und Bundestagsabgeordneten bereits der Fall ist. Unterstützt wird diese Forderung vom stellvertretenden Vorsitzenden der grünen Landtagsfraktion, Reiner Priggen: „Stadträte entscheiden im Einzelfall über viel größere Beträge als Abgeordnete. Deshalb müssen sie die gleiche Transparenz zeigen“, sagte er.

Der grüne Fraktionsvize Priggen geht dennoch davon aus, dass die Eon-Ermittlungen trotz der zu erwartenden Einstellung der Verfahren abschreckend auf mögliche Nachahmer wirken. „Solche Reisen werden durch die Auflagen unattraktiv“, sagte er. Auch der Jurist Morlok hofft auf einen „Lerneffekt“. Es sei zu hoffen, dass Politiker „mehr Sensibilität“ im Umgang mit Vergünstigungen von Seiten der Wirtschaft entwickeln. „Die Gesellschaft wird durch Geben und Nehmen zusammengehalten. Deshalb muss genau diskutiert werden, was politisch akzeptiert wird und was nicht“, sagte er. Der Fall Eon könne helfen, „rote Linien“ zu definieren, die nicht überschritten werden dürfen. KLAUS JANSEN