off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Lady Henderson präsentiert“, 10. 8.–16. 8., Babylon B (OmU), 10. 8.–16. 8., Bundesplatz-Studio, Die Kurbel 2, Neues Kant

Ein Kinderfilm so ganz ohne Kinder, das erscheint gewagt. Sind es die Kids doch in aller Regel gewohnt, sich im Kino mit annähernd gleichaltrigen Leinwandhelden und ihren Erlebnissen zu identifizieren. Doch in Ben Verbongs „Das Sams“ (2001) gibt es nur das Sams (ChrisTine Urspruch) – eine rothaarige, zur Korpulenz neigende Fantasiefigur mit Schweinsnase. Allerdings ist die vom Schriftsteller Paul Maar erdachte Titelfigur die Verkörperung des Prinzips Kind in Reinkultur: frech, neugierig, respektlos und allen Gelüsten und Spontaneingebungen hemmungslos nachgebend. Dieses Anarcho-Wesen trifft nun in einer beschaulichen Kleinstadt auf die so gegensätzlichste Person, die man sich denken kann: Herrn Taschenbier (Ulrich Noethen), einen schüchternen, angepassten Regenschirmkonstrukteur, dem die furchtbar anhängliche neue Bekanntschaft zunächst ungemein peinlich ist. Doch nachdem alle Versuche gescheitert sind, das Sams wieder loszuwerden, entdeckt Taschenbier das Kind in sich selbst wieder – insbesondere, als sich herausstellt, dass das Sams „Wunschpunkte“ besitzt. Und das „Wunscherfüllungsprogramm“ ist wirklich witzig: Ulrich Noethens schwungvoll-peinlicher Zwangs-Tanz auf dem Tisch eines Nobelrestaurants gehört zu den schönsten Komikeinlagen der letzten Jahre.

„Yellow Submarine“, 11. 8., Freiluftkino Parkbühne Biesdorf

Einen der innovativsten Zeichentrickfilme der 1960er-Jahre drehten Regisseur George Dunning und Art Director Heinz Edelmann mit dem von Paul McCartneys Kinderlied über ein gelbes U-Boot inspirierten „Yellow Submarine“: ein kunterbunter, halluzinatorischer und stark Pop-Art-beeinflusster Cartoon, in dem die Beatles als Zeichentrickmännchen mit ihren Songs das friedliche Pepperland von der Tyrannei der blauen und traurigen Blue Meanies befreien. Die grafische Umsetzung der Beatles-Musik ist ausgesprochen fantasievoll: Hier regieren die surrealen und witzigen Einfälle, die einmal mehr zeigen, dass die britische Psychedelia (im Gegensatz zum amerikanischen Hippietum) mehr bunte Modeerscheinung als tatsächlicher Lebensinhalt war.

Mit „Lady Henderson präsentiert“ begab sich der britische Regisseur Stephen Frears auf einen Nostalgietrip in die Musikrevuen der 1930er- und 40er-Jahre: Sein Film erzählt die wahre Geschichte der Lady Henderson (Judi Dench), einer älteren Witwe aus bester Gesellschaft, die sich Ende der 1930er-Jahre ein heruntergekommenes Theater in Soho kauft und mit dem cleveren Intendanten Vivian Van Damm (Bob Hoskins) die erste – sehr prüde – Nacktrevue Englands auf die Beine stellt. Diese Welt des Musiktheaters haben Frears und seine Ausstatter ausgesprochen liebevoll, sorgfältig und auch witzig in Szene gesetzt: Stilechte Musiknummern und das gut getroffene Zusammengehörigkeitsgefühl der Theaterleute geben einen gelungenen Hintergrund ab für das Duett/Duell zwischen der manchmal reichlich naiven und mit allem Dünkel der britischen Oberschicht ausgestatteten Lady Henderson und dem erfahrenen Theatermann Van Damm, der sich weniger Einmischung ihrerseits in seine Arbeit wünscht. Lars Penning

„Das Sams“, 11. 8.–13. 8. im Bali; 16. 8., Freiluftkino Spandau