Sommer so nah

Warum in die Ferne schweifen, Warum Oma, Mutter, Kind staugestresst mit heißen Reifen in den tiefen Süden schleifen, wo auch schon die andern sind?

Warum in die Ferne jetten, müd in Abflughallen stehn, sich in viel zu weichen Betten, viel zu engen Kabinetten schwitzend auf die Nerven gehn?

Warum in die Ferne düsen? Barbados und Florida? Warum schlappe Palmen leasen in obskuren Paradiesen? Sieh, das Gute liegt so nah!

Für mich liegt’s gleich um die Ecke. Morgens rasch ein Schlückchen Tee, und dann Fresskorb, Buch und Decke, und schon geh ich auf die Strecke mit dem Rad zum kleinen See.

Zwischen Feldern, zwischen Bäumen schmiegt er sich so still und weich. Sonnenwarme Wiesen säumen rings das Wasser. Ente träumen unterm hängenden Gesträuch.

Sieh, wie sie dort friedlich gleiten. Und der See entspannt und still lächelt, wenn auf beiden Seiten Menschen bunte Decken breiten, wenn der Duft vom Würstchengrill durch die Wiesen fächelt, wo sich Glieder räkeln, Muskeln prahlen, Leiber, schwellend, braun und rosig, nackig oder badehosig unter warmen Strahlen aalen.

Kinder schlecken bunte Eise, spielen lärmend Wasserschlacht, kicken Bälle hordenweise oder gehn auf Kreuzfahrtreise mit der Luftmatratzenjacht.

Ich? Entspann mich im Gewühle, brenne mir den Hintern ein, denn ich spar mir das Textile, gleit schon mal ins Nasse, Kühle, wo ich gründelnd Heilschlamm fühle und bin Mensch, hier kann ich’s sein.

Warum in der Ferne baden, wenn das Gute ...? Was ist los? Vor dem Fenster Regenschwaden? Wind bläst kalt um die Fassaden?

Ob ich mal zum Reiseladen ...? Wie war das mit Barbados?

Klaus Pawlowski