DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Vom Druck emanzipiert

WAS SAGT UNS DAS? Schauspielerin Ellen Page outet sich als lesbisch und kritisiert in ihrer emotionalen Rede das System Hollywood

Die Stimme wird brüchig. „Ich bin heute hier, weil ich homosexuell bin“, sagt Ellen Page am Freitagabend auf einer LGBT-Konferenz in Las Vegas. Im Saal bricht Jubel aus. Standing Ovations für die 26-jährige Schauspielerin, die aus Filmen wie „Juno“ und „Inception“ bekannt ist.

Page atmet erleichtert aus. Sie fühle auch eine soziale Verantwortung. „Es gibt zu viele Kinder und Jugendliche, die gemobbt werden.“ Dann spricht sie explizit aus, was wohl Hauptgrund ihres Coming-outs ist: Sie oute sich auch aus Eigennutz. Ganz egoistisch. „Weil ich mich nicht mehr verstecken, nicht mehr lügen will.“ Es ist der legitimste Grund, sich als Prominenter zu outen. Nicht etwa die Vorbildfunktion, sondern die eigene Freiheit.

Nicht viele bekannte Hollywood-Filmschauspielerinnen haben sich als lesbisch geoutet. Jodie Foster soll jahrelang von LGBT-Aktivisten gebeten worden sein, sich in den Dienst der Bewegung zu stellen und ihre Homosexualität öffentlich zu machen. Sie lehnte es lange ab. Erst 2007 sprach sie über ihre Beziehung zu einer Frau.

Hoffentlich droht Page nach ihrer Rede kein Karriereknick, schließlich griff sie doch Hollywood scharf an. Sprach von den Verfehlungen einer Industrie, „die uns allen erdrückende Standards auferlegt. In unsere Köpfe Ideen einpflanzt, die sagen, wie wir uns benehmen, uns kleiden müssen, wer wir sein müssen.“

Tatsächlich ist die Mainstream-Filmindustrie in den USA latent homophob. Aufstrebenden JungschauspielerInnen wird von Alteingesessenen geraten, sich nicht zu outen, da Hauptrollen sonst schwer zu bekommen seien. Filme wie „Liberace“ werden von den großen Studios als „zu schwul“ abgelehnt. Es geht ums Geld. Alles, was den finanziellen Erfolg stören könnte, wird im Voraus eliminiert.

Auch deshalb ist das Coming-out von Ellen Page so wichtig. Sie hat sich vom Druck der Filmindustrie emanzipiert. Es wird spannend sein zu beobachten, ob sie weiterhin erfolgreich sein wird. Ob sie romantische Komödien spielen darf. Oder doch eher als selbstständige, toughe Single-Frau besetzt wird, Rollen also, auf die bisher häufig die lesbische Jodie Foster gebucht war. PW