„Ungewöhnliche Entscheidung“

Mehr Worte will Exstabschef Amnon Lipkin-Schahak über die Personalrochade an der Armeespitze nicht verlieren, außer: „Die Politik entscheidet.“ Die Ausweitung der Bodenoffensive hält er für richtig

taz: Überrascht es Sie, dass die israelischen Truppen einen neuen Chefkommandanten haben?

Amnon Lipkin-Schahak: Es geht nicht um einen neuen Kommandanten. Der Kommandant ist derselbe, den wir gestern hatten.

Aber der hat jetzt einen neuen Chef. Ist es üblich, noch während des Kriegsgeschehens derartige Entscheidungen zu treffen?

Nein. Es ist eher ungewöhnlich, noch während einer Operation personelle Veränderungen vorzunehmen. Stabschef Dan Halutz hat seine Entscheidung begründet. Mehr sollte man, solange die Kämpfe andauern, nicht hinzufügen.

Die Regierung berät über eine Ausweitung der Bodenoffensive. Welche Position haben Sie dazu?

Ich denke, solange die Kämpfe im Norden andauern, hat die israelische Armee die Aufgabe, die Zahl der Raketen, die auf Israel abgeschossen werden, entscheidend zu verringern.

Die Ausweitung hat also nichts mit den diplomatischen Bemühungen um eine Lösung zu tun?

Natürlich besteht eine Verbindung. Sobald die diplomatischen Bemühungen zu einer Waffenstillstandslösung führen, die für Israel akzeptabel ist, werden die Kämpfe eingestellt. Vorläufig gibt es keinen Waffenstillstand.

Könnte die Ausweitung der Bodenoffensive, die zeitlich mit dem diplomatischen Endspurt zusammenfällt, in der Welt nicht als Versuch interpretiert werden, die internationalen Anstrengungen zu sabotieren?

Die Welt steht nicht unter Raketenbeschuss. Galiläa wird von Raketen beschossen. In der Welt sitzen nicht eine Million Menschen in den Bunkern. Alle Welt redet von libanesischen Flüchtlingen. Auch im Staat Israel gibt es Flüchtlinge. Wir müssen das Problem lösen, denn wir werden beschossen, nicht die Welt. Der Welt ist es bis heute nicht gelungen, die Raketen einzudämmen.

Glauben Sie, dass die Ausweitung der Bodenoffensive die Raketen stoppen wird?

Vielleicht wird sie nicht zum kompletten Stopp führen, aber zu einer Situation, in der viel weniger Katjuschas als heute auf Israel abgeschossen werden.

Reichen 15.000 libanesische Soldaten, wie die libanesische Regierung vorschlägt, um das Kampfgeschehen sofort einzustellen?

Man braucht viel weniger als 15.000 Soldaten, um die Kämpfe einzustellen. Was passieren muss, ist, dass die libanesische Regierung die Verantwortung für die Geschehnisse in ihrem Land übernimmt. Wenn wir es mit einer Armee zu tun haben, die die Anweisungen der libanesischen Regierung ausführt und die Bedrohung gegen Israel beendet, dann reicht das völlig aus. Damit können sie gleich anfangen.

Wie schätzen Sie das Kräfteverhältnis bei dem Entscheidungsprozess ein. Wer entscheidet: Stabschef Halutz oder Premierminister Olmert?

Die Regierung entscheidet.

INTERVIEW:SUSANNE KNAUL