Schock zur rechten Zeit
: KOMMENTAR von NICK REIMER

Eines ist jetzt sicher: Der Atomausstieg bleibt. Denn die Kernkraft ist nicht beherrschbar. Das ist auch das Fazit, das Umweltminister Sigmar Gabriel zieht, der nach der Havarie im schwedischen Forsmark die deutschen AKWs einem Sicherheitscheck unterziehen ließ.

Die Havarie in Schweden hat zum Glück nur bescheidene Schäden verursacht. Doch der Schock über den Unfall kommt zum richtigen Zeitpunkt. Denn genau wie Deutschland hat auch Schweden den Atomausstieg beschlossen. Und genau wie in Deutschland sind auch in Schweden die Konservativen gegen diesen Beschluss. Mit übrigens den gleichen Argumenten: Schwedische Atomanlagen seien die sichersten der Welt und die schwedische Atomaufsicht sei natürlich die allergründlichste. Die Havarie in Forsmark hat nun bewiesen: Auch die sichersten und bestkontrollierten AKWs der Welt sind nicht sicher genug, um einen GAU ausschließen zu können.

In Deutschland heißen die sichersten und bestkontrollierten AKWs der Welt etwa Philippsburg oder Brunsbüttel. In Philippsburg wurde vor drei Jahren ein Riss im Notstromaggregat entdeckt, was Techniker bis dato für völlig unmöglich hielten. In Brunsbüttel hatte eine Knallgasexplosion Teile des Kühlsystems zerfetzt – und das, obwohl die Ingenieure absolut ausgeschlossen hatten, dass sich Knallgas dort überhaupt bilden kann.

Kernkraft ist nicht beherrschbar, urteilt nun also auch Sigmar Gabriel. Trotzdem lässt er die 17 deutschen Reaktoren weiterlaufen. Vorwerfen kann man ihm das allerdings nicht. Erstens bindet das Atomausstiegsgesetz auch die SPD rechtsverbindlich an Zusagen gegenüber der Atomindustrie. Zweitens hat Gabriel erklärt, einen umfassenden Sicherheitscheck der Reaktoren und des Systems der Atomaufsicht durchführen zu wollen. Diese Maßnahme ist die größte Keule, die dem Umweltminister überhaupt zur Verfügung steht.

Die Union hat stets gefordert, das Gesetz zum Atomausstieg zu ändern. Will sie Deutschland sicherer machen, sollte sie sich für kürzere statt für längere Laufzeiten einsetzen. Gelegenheit dazu hat sie beim nächsten Energiegipfel, zu dem Kanzlerin Angela Merkel im Oktober wieder lädt.