Peinliche Fehler, immense Folgen

Bundesgerichtshof hebt zwei Urteile gegen Polizisten auf, weil die Richter bei Urteilsausfertigung Formfehler machten

Für die Richter ist es nur peinlich – für die Opfer oder ihre Angehörigen eine Belastung: Zwei große Prozesse gegen Hamburger Polizisten müssen vor dem Landgericht neu aufgerollt werden, weil den Richtern bei ihren Urteilsbegründungen Formfehler unterlaufen sind.

Da war das Urteil gegen den Beamten Wolfgang Sch., der Heiligabend 2002 den Einbrecher Julio V. durch einen Schuss in den Rücken tötete und wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Unterschrieben hatte es der Vorsitzende Richter Claus Rabe am letzten Tag der Frist stellvertretend für einen Kammerbeisitzer. Dieser sei durch eine Dienstbesprechung in der Justizbehörde verhindert gewesen. Solches Vorgehen ist zwar zulässig, aber nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei Erkrankung, nicht aber wegen eines Meetings, wenn Gericht und Behörde nicht einmal einen Kilometer voneinander entfernt liegen.

Wiederholt werden muss auch das Verfahren gegen die Prügelpolizisten Gunnar O. und Jörg B, die am 19. November 2002 im Verlauf eine Bambule-Protestes die unbeteiligte Grafikerin Katja K. verprügelt hatten. Da stellte Richter Frank Wißmann die Urteilsbegründung einen Tag nach Ablauf der entsprechenden Frist fertig. Das rügte nun der Bundesgerichtshof.

Für Rechtsanwalt Manfred Getzmann sind solche Komplikationen kein Novum: „20 Jahre Berufserfahrung zeigen, dass Prozesse gegen Polizisten anders funktionieren – oder nicht funktionieren.“ Im Fall Julio V. ist die Wiederholung besonders für die Eltern eine Qual. „Die Familie kommt seit Jahren nicht zur Ruhe“, sagt Getzmann. Dass inzwischen das sechste Gericht damit befasst ist, liege auch daran, dass der Schuss in den Rücken nicht gleich beim Schwurgericht angeklagt worden sei. KAI VON APPEN