Thomas Doll
: Motivator Klinsmann‘scher Prägung

Thomas Doll redet wie ein Wasserfall, und daran kann man ablesen, unter welchem Druck der HSV-Trainer derzeit steht. Druck, der nach dem 0:0 im Hinspiel der Champions League-Qualifikation gegen Osasuna Pamlona eher noch größer geworden ist: Beste Chancen haben die HSV-Stürmer reihenweise vergeben. Am Schluss hat Doll verzweifelt alles nach vorn geworfen, für Mittelfeldspieler Trochowski den dritten Stürmer Benny Lauth gebracht – vergebens.

„Wir schießen zurzeit den gegnerischen Torwart berühmt“, sagt Doll. Wer da Resignation raushören will, wird sofort eines Besseren belehrt: „Wir haben uns ein Tor fürs Rückspiel aufgehoben“, versucht Doll sofort den Mangel ins Gute wenden. Und: „Auswärts sind wir eine Macht.“ Das ist positives Denken à la Jürgen Klinsmann, denn natürlich weiß er, dass der Gegner zuhause in Pamplona nächste Woche mutiger auftreten wird, drei Wochen vor Saisonbeginn kräftemäßig noch zulegen kann und sich auf das System des neuen Trainers Ziganda einstellen wird.

Den nichtssagenden Projektleitersprech des Ex-Bundestrainers hat sich Doll indes nicht angeeignet. Dafür ist er zu sehr Mecklenburger Jung, der spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Trotzdem stellt er sich mit allen rhetorischen Mitteln vor seine Mannschaft, und das ist das Geheimnis seines Erfolges. Tapfer verteidigt er in der Pressekonferenz seine erfolglosen Stürmer: „An alle, die jetzt wieder Unruhe reinbringen wollen: Zwischen uns passt kein Blatt Papier.“ Sanogo und Guerrero seien „echte Verstärkungen“ und hätten sich „gut bewegt“. Die andere Hälfte der Wahrheit rutscht ihm in der Halbzeitpause vor der ARD-Kamera raus: „Im Rahmen unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten haben wir uns optimal verstärkt.“

Damit ist das Dilemma des HSV-Strahlemanns auf den Punkt gebracht: Nur die Champions League würde seine Wunschstürmer finanzierbar machen. Aber es kann passieren, dass die, die stattdessen geholt wurden, die Qualifikation vermasseln. Aber auch das wird er mit äußerlichem Gleichmut hinnehmen und aufmunternde Worte für sein Personal finden. JAN KAHLCKE