Die Überraschungssiegerin

Als „verkürzt und strategisch unglücklich“ habe sie die ursprüngliche Version der Wahlprogramm-Präambel empfunden, sagt Sofia Leonidakis. Deswegen ist die Bremerin froh, nicht unter dem Motto, die sei EU ohnehin nur eine „neoliberale, militaristische Macht“, als nordwestdeutsches Gesicht von Die Linke in den Europa-Wahlkampf zu ziehen.

Sachlich findet die 29-Jährige den Satz nicht ganz falsch: „Das Militarisierungsgebot des Lissabon-Vertrags lehne ich ab“, sagt sie, und zitiert auch gleich zum Beleg den Artikel 28 a, die Aufrüstungspflicht der Mitgliedsstaaten. Aber „wir wollen ja die Leute bewegen, zu wählen, um die EU solidarischer zu machen“. Da sei eine derart negative Ansprache falsch.

Leonidakis ist die Überraschungssiegerin des Europa-Parteitags der Linken. Denn in Hamburg war sie von den Granden der Partei zunächst für Platz 11 vorgesehen, ganz gut für eine Bewerberin aus dem kleinsten Land. Jetzt firmiert sie auf Platz 9: Obwohl Sarah-Wagenknecht-Intima Ruth Firmenich für die im Parlament glücklose Hamburgerin Sabine Wils zurückgezogen hatte, gewann in der Kampfabstimmung dann Leonidakis. Nun hat die studierte Politikmanagerin aus Bremen gute Chancen auf einen Job in Brüssel: Insgesamt wird es dort künftig 96 deutsche Sitze geben. Die Linke hofft auf bis zu zehn Prozent – dem zehn Mandate entsprächen.

In Bremen sieht man die gute Platzierung auch als Anerkennung für die eigene Arbeit. Tatsächlich hat die aktuelle Bürgerschafts-Fraktion das Chaoten-Image ihrer Vorgängerin überwunden, woran Leonidakis als Mitarbeiterin ihren Anteil hat. Aufgefallen ist sie als Flüchtlings-Aktivistin. Daran will sie in Brüssel anknüpfen, Stimme sein für die Opfer der Austeritätspolitik – „denn ich weiß aus direkter Erfahrung, was die anrichtet“: Leonidakis, Deutsche und Griechin, fühlt sich, sagt sie, „ohnehin mehr europäisch“.  BES