IN VENEZUELA EINIGT SICH DIE OPPOSITION AUF EINEN EINHEITSKANDIDATEN
: Herausforderung für Hugo Chávez

Venezuelas Opposition hat sich zusammengerauft. Knapp vier Monate vor der Präsidentenwahl warten die wichtigsten Kräfte, die eine dritte Amtszeit von Hugo Chávez verhindern wollen, mit einem gemeinsamen Kandidaten auf. Als einem der wenigen politischen Schwergewichte der Opposition gelang es Manuel Rosales jetzt, sich mit seinen wichtigsten Rivalen zu einigen. Das ist ein begrüßenswertes Novum.

Seit Amtsantritt von Chávez Anfang 1999 haben die von den USA unterstützen Oppositionskräfte auf unterschiedlichsten Wegen versucht, den populären Linksnationalisten loszuwerden: Im April 2002 probten sie den Putsch und ließen Chávez festnehmen, doch dessen Rückhalt bei maßgeblichen Teilen der Streitkräfte und den Bewohnern der Armenviertel von Caracas beendete den Spuk innerhalb von 48 Stunden. Um den Jahreswechsel 2002/2003 organisierten sie einen wochenlangen Ausstand der privaten Unternehmer und in Schlüsselbereichen des Erdölsektors. Dank Rückendeckung südamerikanischer Nachbarn überstand Chávez auch diese kritische Phase und besetzte anschließend sämtliche wichtigen Positionen der staatlichen Erdölgesellschaft mit eigenen Gefolgsleuten. Im August 2004 wollte ihn die immer noch zerstrittene Opposition durch eine Volksabstimmung zum Rücktritt zwingen, doch Chávez gewann das Referendum klar.

Als sich bei den Parlamenswahlen im vergangenen Dezember erneut eine deutliche Niederlage abzeichnete, entschieden sich die bürgerlichen Parteien in letzter Minute für einen Wahlboykott. Die jetzige Einheitskandidatur der relevanten Oppositionskräfte ist ein Schritt nach vorne. Ob die Zeit bis zum Wahltag allerdings reicht, um eine organisatorische und auch programmatisch überzeugende Alternative zu schmieden, darf aber bezweifelt werden.

Rosales’ Antrittsrede war voller Allgemeinplätze und populistischer Versprechen. Demgegenüber hat Hugo Chávez die langjährige Konzeptlosigkeit seiner Gegner und die Milliardeneinnahmen aus der Erdölförderung dazu benutzt, um seine Machtposition zu festigen. Für die Wahl im Dezember bleibt er haushoher Favorit. GERHARD DILGER