Springer gegen Betriebsrat

ARBEITNEHMERRECHTE Der Medienkonzern klagt gegen die Wahl des Hamburger Betriebsrats. Dieser sei Springer zu kämpferisch, vermuten Mitarbeiter

Im Juni 2009 werden beim Hamburger Abendblatt 32 Redakteure im Zuge der „Qualitätsoffensive“ des Chefredakteurs Claus Strunz freigestellt.

■ Die größtenteils älteren Mitarbeiter werden weiter bezahlt, dürfen aber nicht mehr arbeiten.

■ Zehn der Freigestellten haben mittlerweile einen Auflösungsvertrag unterschrieben, Springer hat dafür neue Redakteure eingestellt.

■ Von der Freistellungswelle war auch die Computer Bild betroffen.

Der Axel-Springer-Verlag ficht die Wahl des Hamburger Betriebsrats an. Der Wahlvorstand hatte – wie seit Jahrzehnten üblich – alle freien Mitarbeiter bei der Wahl des neuen Betriebsrats im vergangenen März zugelassen. Dies will Springer nicht mehr dulden.

Der Verlag hatte deshalb die seiner Meinung nach unzulässige Größe des 19-köpfigen Betriebsrats moniert. Durch die Zulassung der freien Mitarbeiter seien mehr als 2.000 Wähler zusammengekommen. Läge die Zahl darunter, hätten nur 17 Betriebsräte gewählt werden dürfen.

Bei einer Verhandlung am Mittwochmorgen vor dem Arbeitsgericht schlug die Richterin vor, die Zahl der bestehenden Betriebsräte außergerichtlich um zwei Mandate zu reduzieren. Der Betriebsrat willigte ein – der Springer-Verlag jedoch lehnte überraschend ab. Die Ablehnung nährt das Gerücht, das seit Monaten unter den Springer-Arbeitnehmern kursiert: Dem Verlag gehe es gar nicht um die Größe des Betriebsrats, sondern um seine Zusammensetzung.

Der Betriebsrat hatte nach seiner Wahl verkündet, vermehrt die Arbeitnehmerrechte stärken zu wollen. Aufgrund der Freistellungswelle bei den Springer-Medien im letzten Jahr sei das auch nötig, heißt es aus Mitarbeiterkreisen. „Unmut und Angst in der Belegschaft haben sich in der Zusammensetzung des Betriebsrats klar gezeigt“, sagt ein Mitarbeiter. „Damit hat der Arbeitgeber wohl nicht gerechnet.“

Der Betriebsrat hatte den Umgang des Medienkonzerns mit seinen Mitarbeitern mehrmals kritisiert. Vor Gericht warf sein Anwalt Manfred Wulff dem Verlag zudem Rechtsmissbrauch vor. Springer habe dem Wahlvorstand die erforderlichen Mitarbeiterdaten zu spät und fehlerhaft übergeben, so Wulff. „Der Verlag kann nicht gegen einen Fehler vorgehen, den er selbst mitverschuldet hat.“

Unklar ist auch, warum bei anderen Betriebsrats-Wahlen, beispielsweise in Berlin, freie Mitarbeiter zugelassen waren –ohne dass der Verlag dagegen vorging. „Die Anzahl der Freien bei der Hamburger Wahl war nicht mehr tolerierbar“, sagt Verlagssprecherin Edda Fels. Die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung sei „traditionell sehr konstruktiv“. Axel Springer wolle einen starken Betriebsrat.

Die Kompromisslosigkeit des Springer-Verlags macht die Betriebsräte wütend. „Eigentlich will der Arbeitgeber nur eins: Neuwahlen“, sagt Betriebsrätin Monika M. Kabay. „Das ist doch hanebüchen!“

Die Entscheidung des Gerichts soll am 13. Oktober fallen.

EMILIA SMECHOWSKI