Rüttgers im Wettstreit

Krise zwischen DFB und Land NRW: Fußballverband bittet bisher vergeblich um Gespräch mit Ministerpräsident Rüttgers über private Sportwetten. Staatsmonopol sorgt für Unmut in der FDP

VON MARTIN TEIGELER

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lässt den DFB sitzen. Im Dauerstreit um staatliche und private Sportwetten hatte der Fußballverband vor rund fünf Wochen um einen „zeitnahen Termin“ für ein Treffen mit Rüttgers gebeten. „Ein entsprechendes Schreiben wurde bisher leider nicht beantwortet“, beschwert sich Wilfried Straub, Wettbeauftragter von DFB und Ligaverband DFL. Rüttgers ist Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz und gilt wie sein bayrischer CSU-Amtskollege Edmund Stoiber als Hardliner im staatlichen Kampf gegen private Wettanbieter.

„Der Ministerpräsident befand sich bis Wochenanfang im Urlaub und wird zeitnah antworten“, sagt ein NRW-Regierungssprecher. Noch zeitnäher gehen die Bundesländer derweil gegen Anbieter privater Sportwetten vor. Am Donnerstag untersagte Sachsen dem größten deutschen Sportwettenanbieter „Betandwin“ (Bwin) mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit im Freistaat. In den Vorwochen hatten die Ordnungsämter in NRW und anderen Ländern hunderte Wettbüros geschlossen. Als Reaktion auf ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts wurden so tausende Arbeitsplätze vor allem von Migranten vernichtet.

Ministerpräsident Rüttgers unterstützt das Vorgehen des Freistaates Sachsen. Es handele sich um eine „begrüßenswerte Klarstellung“, so ein NRW-Regierungssprecher gestern zur taz. In Nordrhein-Westfalen sei die Tätigkeit von Bwin „wegen fehlender Lizenz ohnehin rechtswidrig“. Ein Werbeverbot für Bwin und andere private Sportwettenanbieter soll offenbar rigoros umgesetzt werden. Auch die Sperrung der Bwin-Internetseite wird auf Ebene der Landesmedienanstalten diskutiert.

Beim DFB herrscht Unmut über die kompromisslose Haltung der Bundesländer. „Die Beziehung zwischen Fußball und Politik ist belastet“, heißt es aus dem Dachverband. Bwin ist ein wichtiger Sponsor zahlreicher Bundesliga- und Amateurvereine. DFB-Präsident Theo Zwanziger hatte deshalb unlängst ein neues Sportwettensystem ins Gespräch gebracht. Private und staatliche Anbieter könnten demnach in Konkurrenz treten – und Abgaben für karitative Zwecke zahlen. Die Länderpolitiker bevorzugen stattdessen die Staatswette Oddset. Offizielle Begründung: Der Staat müsse das Glücksspiel eingrenzen und Spielsüchtige schützen. Ein Bericht des ARD-Magazins Panorama enthüllte jetzt aber, dass der Staat bislang so gut wie nichts für die Suchtprävention von Oddsetspielern tut. Tatsächlich schätzt die Politik Oddset als staatliche Einnahmequelle. Mit den Milliardengewinnen aus Lotto, Oddset und staatlichen Spielbanken werden soziale und kulturelle Förderprojekte finanziert, für die das hoch verschuldete Land NRW ansonsten kein Geld hätte.

Unterdessen wächst in der nordrhein-westfälischen FDP der Unmut über das Vorgehen der Landesregierung – zumal FDP-Landesinnenminister Ingo Wolf die Zuständigkeit für die Sportwetten an Ministerpräsident Rüttgers abgeben musste (taz berichtete). „Es kann nicht sein, dass wir an einem staatlichen Monopol festhalten“, sagt Marcel Hafke, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen (Julis). Die FDP-Nachwuchsorganisation lehne das staatliche Verbot für private Wettanbieter wie Bwin ab. Der Mettmanner FDP-Bundestagsabgeordnete und Sportpolitiker Detlef Parr kritisiert: „Die Länder verfallen in einen voreiligen blinden Aktionismus.“ Am kommenden Montag steht das Thema Sportwetten im FDP-Landesvorstand auf der Tagesordnung.