Weniger Minus, mehr Voodoo

HAUSHALT Hamburg hat 2013 weniger Schulden gemacht. Das dicke Ende kommt nach der Bürgerschaftswahl, wenn die Elbphilharmonie bezahlt werden muss

Der kamerale Jahresabschluss ist keine kaufmännische Gewinn- und Verlustrechnung. Er weist die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Jahresverlauf aus.

■ Plan 2013: Der Haushaltsplan sah Ausgaben von 11,785 Millionen Euro vor. Tatsächlich ausgegeben wurden nur 11,652 Millionen Euro. Das ist eine Minderausgabe von 132 Millionen Euro oder 1,12 Prozent.

■ Vorjahr: 2012 waren 11,694 Millionen Euro ausgegeben worden. Damit sanken die Ausgaben in 2013 um 42 Millionen Euro oder 0,4 Prozent.

■ Schulden: Die Neuverschuldung wurde von dem seit 2011 regierenden SPD-Senat drastisch gesenkt. 2010 lag sie bei 915 Millionen Euro. In den drei Folgejahren von 2011 bis 2013 betrug die Nettokreditaufnahme 269, 259 und 198 Millionen Euro.

Das Minus in Hamburgs Kassen wird kleiner. Im vorigen Jahr hat die Stadt ein Defizit von 470 Millionen Euro gemacht, wie Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag im Rathaus bei der Präsentation des Jahresabschlusses (siehe Kasten) vorrechnete. Im Vergleich zu 2012 sank das Jahresminus somit um 122 Millionen Euro.

Das ermöglichte Tschentscher, die Nettokreditaufnahme von 259 auf 198 Millionen Euro zu senken. Das restliche Defizit deckt er aus Rücklagen. Das sei eine Bestätigung für die „solide und stetige Finanzplanung des Senats“. Ein Haushalt ohne neue Schulden könne wie geplant spätestens 2019 erreicht werden.

Allerdings tragen zwei Sondereffekte zu diesen Zahlen bei. Hamburg muss für die Jahre 2011 und 2012 nachträglich 117 Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Weil das „kein struktureller Posten ist, sondern ein Einmaleffekt“, so Tschentscher, habe er dafür keinen Kredit aufnehmen wollen, sondern den Betrag aus der allgemeinen Rücklage genommen. Dieser Notgroschentopf enthält jetzt noch 633 Millionen Euro. Der Senator räumte ein, dass man dieses Vorgehen „haushalterisch auch anders sehen kann“.

Zum Zweiten verschönert die 2013 mit dem Baukonzern Hochtief erzielte Einigung über den Weiterbau der Elbphilharmonie die Bilanz. Weil Hamburg nun erst „nach Lieferung“ zahlen müsse, sind 127 Millionen Euro nicht ausgegeben worden. Sie schlagen aber in diesem oder im nächsten Jahr zu Buche.

Von „Voodoo-Sparen“ spricht deshalb CDU-Finanzpolitiker Roland Heintze. Nach Ansicht des linken Haushaltsexperten Norbert Hackbusch „geht der Substanzverlust Hamburgs weiter“. Es würden „weiterhin Mittel für Investitionen in die Infrastruktur fehlen“. Auch der grüne Fraktionschef Jens Kerstan findet Tschentschers Zahlen „besorgniserregend“. Die Sparrunde drohe, vermutet Kerstan, „nach der nächsten Bürgerschaftswahl in einem Jahr“.  SVEN-MICHAEL VEIT