LESERINNENBRIEFE
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Handlanger des Kapitals

■ betr.: „Totenschein für Bürgerprojekte“, taz vom 14. 2. 14

Zehn Jahre lang geringe Einspeisetarife für Ökostrom und 35 Jahre lang hohe Einspeisetarife für Atomstrom. Dieser EU-Plan ist der endgültige Beweis, dass es der Politik nicht um Kostenbegrenzung des Ökostroms geht, sondern um die Bestandsgarantie für Atom- und Kohlekraftwerke. Bei dieser Bestandsgarantie spielen Kosten keine Rolle: Sie darf kosten, was sie will.

Politik erweist sich einmal mehr als Handlanger des Kapitals und nicht des Gemeinwohls. Wann wird endlich für diese Politik der Totenschein ausgestellt? ARTUR BORST, Tübingen

Gelungener Lobbyismus

■ betr.: „Zweiklassenmedizin, gewendet“, taz vom 11. 2. 14

Private Krankenversicherer (PKV) sind keine Sozialorganisationen . Sie sind ganz klar dafür da, Gewinne zu erzielen. Was sie auch tun. Der Gesamtverband hat circa 180 Milliarden Euro Rücklagen. Der Begriff „Enteignung“ wird gerufen, wenn jemand auch nur daran denkt, solche Summen zu sozialisieren.

Das BAV (Bundesamt für Versicherungswesen) sowie die Bafin beobachten, dass die Tarife kostendeckend sind und die Versicherer nicht insolvent werden. Vorher gibt es sowieso den Rettungsschirm, und weil so was Lärm macht, werden notleidende Gesellschaften dann von „Mitbewerbern“ übernommen.

So wie jetzt bei vielen PKVs Tarife geschlossen wurden, die eine ungünstige Kostenstruktur durch teure Krankheiten der Versicherten enthalten und nicht mehr wettbewerbsfähig für neue Kunden angeboten werden können. Diese unglücklichen Versicherten sind dann praktisch auf Gedeih und Verderb den Kalkulationen ihrer Versicherer ausgeliefert. Denn ein Wechsel ist für sie praktisch unmöglich. Günstig ist für die PKVs, dass die Versicherten keinen Rechtsanspruch haben zu erfahren, woraus sich „Beitragsanpassung“ zusammensetzt und warum sich die Tarife teilweise um 40 und mehr Prozent in den letzten Jahren erhöht haben. Mit negativen Angaben zu Gesundheitsfragen gibt es sowieso keine Chance, den Versicherer zu wechseln.

Bei dem Beitrag des Basisvertrags von 628 Euro fehlt in dem Artikel noch die Prämie der Pflegepflichtversicherung . „… ist der Beitrag zur privaten Pflegepflichtversicherung auf den Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung begrenzt worden.“ Das sind für einen 60-Jährigen zurzeit monatlich 33,59 Euro, die dazukommen. Zusätzlich noch die Zwischenfinanzierung der benötigten Medikamente und Hilfsmittel teilweise über Monate.

Und wer einmal in dem „Basistarif“ drin ist (empfehlenswert mal ein Foto von dem Gesicht des Arztes in dem Moment zu machen, wenn man ihm sagt, dass er ab jetzt im „Basistarif“ abrechnen soll), hat in der Regel niemals wieder die Möglichkeit – nach geltenden Bestimmungen –, sich in einem anderen Tarif wegen Vorerkrankungen zu versichern.

Das „Duale System“, ein Beispiel für gelungenen Lobbyismus.

FELIX VAN BORRIES, Berlin

Nüchtern kalkulierend

■ betr.: „Genmais-Entscheidung. Merkels Manipulation“,taz vom 12. 2. 14

Nüchtern kalkulierend sichert sich unsere derzeitige Bundeskanzlerin die Unterstützung der multinationalen Agrarlobby, indem sie ihren eigenen Vertretern in Brüssel die Stimmenthaltung nahelegt. Die nächsten Bundestagswahlen sind nämlich noch so weit weg, dass sie die gegenwärtige in Deutschland herrschende öffentliche Meinung zu dieser Frage getrost ignorieren kann. Es dürfte nicht lange dauern, bis auch von beflissener wissenschaftlicher Seite die Gutachten publik werden, die besagen, dass die Gefährdungen durch genmanipulierten Mais weit überschätzt werden. GERD WAHLENS, Marl

Machtkämpfe alter Männer

■ betr.: „Das Strafrecht ist keine Moralkeule“, „Anfangsverdacht im Graubereich“, taz vom 17. 2. 14

Der Versuch des Autoren Reeh, moralisches Empfinden und juristische Strukturen zu differenzieren, ist an und für sich lobenswert. Jedoch hinken aus meiner Sicht die Vergleiche; etwa der Porschefahrer, der nicht gleich ein Temposünder sein müsse. Das kommt mir doch angesichts der Tatsache, dass hier über Kinder berichtet wird, recht makaber vor.

Auch der Vergleich zu Bordellbesuchern und zu der Diskussion um die Legalisierung der Prostitution hinkt noch. Vielleicht hilft es, sich einmal vorzustellen, es sei das eigene Kind, das da nackt abgelichtet virtuell um die halbe Welt reist, um dann von erwachsenen wie auch immer veranlagten Männern betrachtet zu werden. „Material der Kategorie 2“, allein der Begriff, wie er im Artikel vom Autoren Rath übernommen wird!

Es wäre doch möglich, neben der Berichterstattung um die Machtkämpfe unter alten Männern auch einmal über die Folgen für so instrumentalisierte Kinder zu berichten. Es gibt dazu geeignete Literatur, und bestimmt ließe sich auch ein/e TherapeutIn finden, die hierzu interviewt werden könnte. Dies um der Vollständigkeit halber, um die betroffenen Kinder wenigstens hier aus dem Objektstatus herauszuholen.

So empfinde ich die gesamte Berichterstattung – nicht nur die Seite 1 – als geradezu unmenschlich, weil es nur um Machtkämpfe, politisches Kalkül, Juristerei und Rechthaberei geht. Von der taz erwarte ich eigentlich etwas anderes. JUTTA GRÖNING, Bochum