In der taz vor 12 Jahren schrieb Reynaldo Escobar über die Massenflucht aus Castros Kuba:
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Castro sagt, daß die Regierung in Washington die Schuld am gegenwärtigen Exodus aus Kuba trage. Denn die USA empfangen an der Küste Floridas all jene als Helden, die illegal fliehen und denen sie zuvor ein legales Einreisevisum verweigert haben. Es ist sehr schwierig, in dieser Situation eine objektive Haltung zu beziehen, und nicht nur, weil man mich dafür, wenn ich nach Havanna zurückkehre, mit Knüppelhieben empfangen könnte. Es ist auch deswegen schwierig, weil sich die bittere Situation, die Kuba heute durchlebt, nicht mit einer Handvoll Argumente erklären läßt.

Natürlich ist es die Schuld der US-Amerikaner, daß diejenigen, die das Leben in Kuba nicht mehr aushalten, sich gerade die USA als Emigrationsziel erwählen. Aber das erklärt noch nicht, warum die Kubaner eigentlich auswandern. Es stimmt auch, daß keine Regierung es zulassen kann, daß ihre Bürger mit Gewalt Boote entführen und dabei das Leben anderer Personen gefährden oder gar einen Wachhabenden ermorden, der sie daran hindern will. Aber es geht hier nicht um vier Piraten pro Jahr, sondern um über 4.500 Menschen allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres. Warum? Weil sie keine legalen Möglichkeiten haben, selbständig zu wirtschaften. So flüchten sie nach Miami in die Knechtschaft kapitalistischer Ausbeutung.

Natürlich kann man behaupten, daß auch an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Imperialismus die Schuld trägt, der eine eiserne Blockade um die Insel verhängt und der nie aufgehört hat, Sabotageakte gegen die Revolution zu organisieren, seit diese sich die Abschaffung des Kapitalismus in Kuba zum Ziel setzte. Aber es gibt auch eine andere Wahrheit: Zum erstenmal in 35 Jahren gingen Männer und Frauen, die von der Pädagogik der Revolution erzogen und vom besten Gesundheitssystem Lateinamerikas behütet wurden, auf die Straße, um Fensterscheiben einzuwerfen und sich eine Straßenschlacht mit der Polizei zu liefern. taz, 12. 8. 1994