BEI DEN GESTIEGENEN STEUEREINNAHMEN SOLLTE MAN ZWEIMAL HINGUCKEN
: Geld von gestern

Die Steuereinnahmen sind im Juli auf Rekordniveau geklettert. Das klingt gut und nährt die Hoffnung, dass sich der lange ersehnte Aufschwung nun endlich festigt. Doch so erfreulich das Signal ist: Es ist kein Grund, die Sektkorken knallen zu lassen.

Tatsächlich ist die Nachricht, dass die Steuereinnahmen gewachsen sind, mit Vorsicht zu genießen. Denn die Zahlen spiegeln weniger den ersehnten Aufschwung als die geschickte Budgetpolitik von Finanzminister Peer Steinbrück wieder. Der hat seine Steuern von vorneherein so niedrig geschätzt, dass er nur gewinnen konnte: Liegen sie – wie nun ermittelt – über seinen moderaten Erwartungen, so kann Steinbrück dies als den Erfolg der Wirtschaftspolitik verbuchen. Gleichzeitig hat er mit den niedrig gesteckten Erwartungen bei den Steuereinnahmen Begehrlichkeiten aus anderen Ressorts gar nicht erst aufkommen zu lassen. Die so erzielten Mehreinnahmen kann der Minister allein für seinen Sparkurs verwenden, indem er die Staatsschulden senkt.

Zudem spiegeln die nun gemessenen Steuereinnahmen lediglich Zahlungen aus der Vergangenheit wider. Ob die Staatseinnahmen durch die wirtschaftliche Erholung auch in Zukunft weiter wachsen, ist durchaus fraglich. Der Konsum zumindest wird dank der Erhöhung der Mehrwertsteuer in Deutschland im nächsten Jahr eher nachlassen. Zudem drohen dem Exportweltmeister Gefahren seitens der Weltkonjunktur: Insbesondere in den Vereinigten Staaten stehen die Zeichen deutlich auf Abschwung. Die Wirtschaft leidet unter einem riesigen Leistungsbilanzdefizit von 6,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und einer bedrohlichen Blase auf dem Immobilienmarkt. US-Notenbankchef Bernanke hat bereits die Zinspolitik der Notenbank gelockert.

Der deutsche Aufschwung geht nur weiter, wenn die Weltwirtschaft nicht ins Straucheln kommt und sich der Ölpreis nicht dramatisch erhöht. Beide Annahmen werden immer fragwürdiger. Damit könnten aber auch Steinbrücks Haushaltspläne schnell Makulatur werden. TARIK AHMIA