Schlag ins Wasser

Franziska van Almsicks Versuch, im Tennisstadion am Rothenbaum ein Schwimmturnier auszurichten, endet zwiespältig: die Zeiten waren okay, die Zuschauerresonanz eher enttäuschend

Von Christian Görtzen

Der kleine Junge gab sich erst gar keine Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. „Das ist aber ein kleines Becken!“, brach es aus ihm heraus, als er die letzte Stufe hinauf zum Center Court der Tennis-Anlage am Hamburger Rothenbaum erklommen und freie Sicht auf das transportable, 25 Meter lange Schwimmbecken hatte.

Enttäuschend für die Veranstalter der „Aquatics“ um die ehemalige Weltklasseschwimmerin Franziska van Almsick war vor allem die geringe Resonanz. An beiden Tagen kamen jeweils nur rund 4.000 Zuschauer an den Ort, an dem normalerweise Tennis gespielt wird. Innerhalb von zwei Wochen war der Court zu einer Schwimmarena umfunktioniert worden. Zunächst hatte man Betonplatten ausgelegt, auf denen Wandelemente aus Edelstahl montiert worden waren. Der Betonboden wurde daraufhin mit Sand aufgeschüttet, anschließend mit Folie ausgelegt und diese dann verschweißt. Rund 48 Stunden dauerte es, bis das Becken mit 775.000 Litern Wasser gefüllt war, weitere zwei Tage, bis die ideale Temperatur von 25 bis 27 Grad erreicht wurde.

Mit einem Gesamtpreisgeld von 450.000 US-Dollar hatte man einige der weltweit besten Schwimmer gewonnen. Und so sprangen neben den deutschen Stars Britta Steffen, Janine Pietsch, Antje Buschschulte oder Thomas Rupprath auch Weltklasse-Athleten wie Pieter van den Hoogenband (Niederlande), Markus Rogan (Österreich) oder Roland Schoemann (Südafrika) vom Startblock.

Die sportlichen Leistungen waren überwiegend gut. Schon am ersten Tag gab es drei neue Rekorde zu vermelden – einen Weltrekord über 50 Meter Freistil durch Roland Schoemann in 20,98 Sekunden und zwei deutsche Rekorde durch Britta Steffen über 100 m Freistil (52,82 Sekunden) und Antje Buschschulte über 50 m Schmetterling (25,73 Sekunden). „Es ist schon irre, dass man auf einem Tennisplatz schwimmen kann. Aber solche Events in den großen Städten dieser Welt sind die Zukunft des Sports“, glaubt Schoemann.

Die Zuschauer in Hamburg waren von ihrer Neugier getrieben worden – so wie Bastian Röckendorf aus Wedel und Christian Tügel aus Hamburg. Beide sind DLRG-Rettungsschwimmer. „Ich finde, das ist eine wahnsinnige Kulisse. Beim Tennis war ich hier noch nie. Schwimmen live zu sehen, macht mehr Spaß als im Fernsehen. Hier kann man die Athleten anfeuern“, sagt der 20 Jahre alte Tügel. Sein zwei Jahre älterer Kumpel hofft, „dass ich noch ein Foto von Britta und mir machen kann“. Er meint Britta Steffen.

Deren Leistungsexplosion bei der Schwimm-EM in Budapest, wo sie vier Goldmedaillen gewann und nebenbei mal eben drei Weltrekorde brach, brachte den 69 Jahre alten Erwin Christmann aus Hamburg ins Grübeln. „Doping ist derzeit in aller Munde. Bei solchen plötzlichen Leistungssprüngen hat man immer ein fragendes ,Na, na?‘ im Hinterkopf“, sagt Christmann, der selbst seit 35 Jahren schwimmt. Von der Veranstaltung habe er einen „bombastischen Eindruck“. „Dieses weite Rund, dazu die Leichtigkeit der Dachkonstruktion – man fühlt sich fast, als würde man im Freien sitzen.“

Van Almsick hätte sich mehr solche Zuschauer gewünscht. „Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn ein paar mehr gekommen wären, aber das ist die erste Veranstaltung dieser Art. Niemand wusste, was ihn erwartet. Ich glaube, es ist für den Auftakt sensationell“, sagte sie, während in den Rängen hinter ihrem Rücken die Leere gähnte.