Besart Berisha
: Ende einer Odyssee

Zehn Zentimeter weiter rechts, und Besart Berisha wäre der Held der HSV-Fans gewesen. Sein Schuss klatschte in der Nachspielzeit aber an den Pfosten. Es blieb beim ernüchternden 1:1 im Heimspiel gegen Arminia Bielefeld, und Berisha wurde von seinen Mitspielern nicht auf Händen getragen, sondern musste zu Fuß in die Kabine gehen.

Dennoch: Der 21-jährige Kosovo-Albaner war im kollektiv nur mittelmäßigen HSV-Team der Gewinner. Er hat sein großes Ziel erreicht, er ist angekommen in der Bundesliga. Es war der Endpunkt einer Odyssee, die 1992 ihren Anfang genommen hatte. Besart Berisha war sieben Jahre alt, als die Familie vor dem Kosovo-Krieg nach Berlin flüchtete. Dort wurden sie lediglich geduldet. Die Zurückführung nach Pristina wurde nur deshalb mehrfach aufgeschoben, weil seine Mutter Hamide durch die Kriegserlebnisse schwer traumatisiert war.

Besart machte derweil in der Fußballjugend von Tennis Borussia Berlin Furore. 2004 nahm der HSV das Talent unter Vertrag. Das Problem: Er benötigte eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. Dafür musste Berisha legal aus seinem Heimatland ausgereist sein. Also fuhr er zurück nach in den Kosovo, um bei den dortigen Behörden die Ausreise zu beantragen. Berisha musste dafür die serbische Staatsangehörigkeit annehmen. Die vier Wochen in Pristina seien hart gewesen, sagt Berisha. Allgegenwärtig war die Angst vor einer Entführung, da alle wussten, dass er gutes Geld bei einem deutschen Fußballklub verdiente. „Ich konnte mich nicht frei bewegen, also bin ich morgens um fünf gelaufen, und abends in der Dunkelheit noch einmal. Diese Momente haben mir Kraft gegeben“, sagt Berisha. Er verpasste aber die Vorbereitung unter dem damaligen HSV-Trainer Klaus Toppmöller. Da die Einbürgerung noch ausstand, war er nicht für das Regionalliga-Team spielberechtigt und wurde stattdessen nach Dänemark ausgeliehen. Zuerst nach Aalborg, dann nach Horsens. Beim Tabellenzehnten erzielte Berisha elf von 29 Toren. HSV-Trainer Thomas Doll sagt über seinen Youngster im Angriff: „Besart kann die Überraschung der Saison werden.“ Gegen Bielefeld hat er einen ersten Schritt getan, auch wenn zehn Zentimeter fehlten. CHRISTIAN GÖRTZEN