STEIGENDE STROMPREISE SIND BEGRÜSSENSWERT – ABER UNGERECHT
: Gute Nachricht mit Haken

Endlich mal eine gute Nachricht: Die Strompreise werden zum Jahresbeginn weiter steigen. Das ist erstens gut wegen des Klimaproblems, das die Menschheit zu bewältigen hat. Zweitens zeigen steigende Stromkosten dankenswerterweise, wie schnell fossile Rohstoffe knapp werden.

Bislang fällt erstens Strom beim Verbraucher kaum ins eigene Haushaltskassengewicht – weshalb Stromsparen bei 95 Prozent der Deutschen auch kaum eine Rolle spielt. Muss es aber. Denn ein „weiter so“ beim Stromverbrauch bedeutet ein „weiter so“ bei der Produktion von CO2. Gelingt es nicht, den Klimakiller drastisch zu reduzieren, wird bereits die nächste Generation eine Welt vorfinden, in der extreme Wetterlagen Normalität sein werden. Gern wird darauf verwiesen, dass es Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien sind, die derzeit das Klimaproblem dramatisch anheizen. Genau deshalb ist Stromsparen hierzulande so wichtig. Denn diese Länder argumentieren richtigerweise, es sei ihr gutes Recht, so viel Strom zu verbrauchen wie die Erste Welt.

Wird dem wählenden Verbraucher zweitens durch die eigene Geldbörse klar, wie schnell Öl oder Gas knapper werden, wird er Alternativen fordern – und bereit sein, die entsprechende Politik zu unterstützen. Volkswirtschaftliche Leistungskraft wird schon bald deutlich stärker von der Einheit „Energieeinsatz je Bruttosozialprodukt“ bestimmt. Und wer heute regenerative Stromtechnologien fördert, hat morgen einen Standortvorteil.

Leider haben die steigenden Strompreise aber auch einen Haken – und der ist groß wie Lastkran. Denn so, wie die fossilen Strompreise steigen, steigen auch die Gewinne der fossilen Energiekonzerne. Während RWE, Eon und Co dafür immer die Politik anschwärzen – „Ökosteuer!“, „EEG!“, „steigende Mehrwertsteuer“ –, hat sich die Politik endlich ein Kontrollgremium geschaffen: eine Regulierungsbehörde, die Konzerngewinne und steigende Strompreise unter die Lupe nimmt. Steigende Strompreise sind nur dann etwas Gutes, wenn sie gerecht sind. Dem Klima ist es zwar egal, ob sich an seiner Gesundung einige wenige bereichern. Aber es wird nur dann gesunden, wenn die Medizin sozial gerecht verabreicht wird. NICK REIMER