Nur herein, das Denkmal ist offen

AUSSTELLUNG Tage der offenen Türen gibt es wie Sand am Meer, Tage des offenen Denkmals gibt es nur einen. Auch Hunderte norddeutsche Kommunen werden begehbares Museum

Allein in Niedersachsen gewähren mehr als 220 Kommunen dort Zutritt, wo sonst niemand hinkommt

VON ILKA KREUTZTRÄGER

Das erste Bauwerk, das je auf dem Meeresgrund errichtet wurde, ist der Leuchtturm Roter Sand in der Außenweser vor Bremerhaven. Als Leuchtfeuer nicht mehr in Betrieb, hat es der 1885 erbaute, rot-weiß geringelte Turm vor allem als Symbol für den technischen Fortschritt zu Berühmtheit gebracht. Und dieses Jahr steht er damit sinnbildlich für das Motto des alljährlichen Tages des offenen Denkmals: „Kultur in Bewegung– Reisen, Handel und Verkehr“.

Auch Hunderte norddeutsche Kommunen werden am 12. September begehbares Museum und laden Kultur- und Geschichtsbegeisterte ein, sich Leuchttürme, Düker, Mühlen, historische Verkehrsmittel, Straßen, Kanäle und Schienenstrecken oder alte Lagerräume und Kaufmannshäuser anzusehen.

Insgesamt nehmen in diesem Jahr 49 Länder teil und in Deutschland werden mehr als 4,5 Millionen Besucher unterwegs sein. Allein in Niedersachsen, wo in Lüneburg die Eröffnungsfeier stattfindet, beteiligen sich mehr als 220 Kommunen und gewähren dort Zutritt, wo in vielen Fällen sonst niemand hinkommt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Besichtigt werden kann ein Zwei-Ständer-Fachwerkhaus aus den 1150er-Jahren in Syke. Die derzeitigen Bewohner führen durch das niedersächsische Hallenhaus und außerdem gibt es Strohballen-Kino. Oder ein 1885 eröffnetes Kleingefängnis mit zehn Zellen in Otterndorf bei Cuxhaven, das bis 1964 betrieben und bis heute kaum verändert wurde. Oder die Hindenburg-Schleuse in Anderten bei Hannover – sonst sind hier nur die Außenanlagen zugänglich.Zugegeben, man muss an diesem Tag historische oder architektonische Begeisterungsfähigkeit und Liebe zum Detail mitbringen. Aber wer beispielsweise dem Kulinarischen mehr abgewinnen kann, dem sei das Schinkenmuseum in Apen ans Herz gelegt. Dort wird der Schinken noch heute zu denselben Bedingungen hergestellt, wie 1850 und damit ist diese Schinkenräucherei eine der letzten ihrer Art.

Einige Kommunen nutzen den Denkmaltag auch dazu, neue Ausstellungen zu eröffnen. In Schwanewede beispielsweise erforscht der Verein Heimatfreunde Neuenkirchen zurzeit die Geschichte des früheren NS-Arbeitslagers Heidkamp und die Entwicklung des Geländes nach 1945. Von Herbst 1943 bis Ende April 1945 waren in dem Barackenlager an der heutigen Ostlandstraße Zwangsarbeiter vor allem für den Bau des U-Boot-Bunkers „Valentin“ in Bremen-Farge untergebracht und nach dem Krieg zogen US-Besatzungstruppen in die Baracken ein. In der Gedenkstätte „Baracke Wilhelmine“ auf dem Gelände der ehemaligen Weser-Geest-Kaserne in Neuenkirchen wird hierzu am 12. September ein Ausstellungsbereich eröffnet.

In Hamburg öffnen beispielsweise die Bewohner des denkmalgeschützten Jugendstil-Eckhauses in der Haynstraße 1 ihre Türen für Besucher. In den 70ern retteten Studenten das Etagenwohnhaus vor dem sicher geglaubten Abriss. Und es gibt den Rundgang „Wie kann man hier bloß wohnen?“ durch Altona mit dem Autor Gerd Riehm, der hier zwischen Güterbahnhof und Verbindungsbahn aufwuchs.

Das einzig problematische am Denkmalstag ist die schiere Menge der Möglichkeiten. Da will vorher gut geplant werden, welche der vielen sonst geschlossenen Türen man aufstoßen möchte. Der Leuchtturm Roter Sand ist übrigens auch zu besichtigen.

Tag des offenen Denkmals: 12. 9., Veranstaltungsprogramm unter www.tag-des-offenen-denkmals.de