Comeback der NRW AG

RWE will mit Hilfe öffentlicher Banken seine Marktanteile ausbauen – und so das Kartellrecht aushebeln. Die Wirtschaftsministerin will davon nichts gewusst haben und den Fall „genau prüfen“

VON KLAUS JANSEN

Öffentliche Banken wollen dem Stromkonzern RWE dabei helfen, das Kartellrecht zu umgehen. Gestern stimmte die Sparkasse Düren als eine der letzten von insgesamt zehn Projektbeteiligten der Gründung einer Investmentgesellschaft zu, die in den kommenden Jahren Beteiligungen an Stadtwerken erwerben soll. Wie ein Verwaltungsratsmitglied der taz bestätigte, soll die Gesellschaft nach neun Jahren wieder aufgelöst werden. Für die Zeit danach hat sich RWE in dem Gründungsbeschluss ein Vorkaufsrecht auf die Beteiligungen einräumen lassen – obwohl das Bundeskartellamt dem Konzern aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung weitere Einkäufe in den Kommunen untersagt hat.

An dem „Stadtwerke Investment Gesellschaft“ (SIG) getauften Fonds sind mehrere große Sparkassen sowie die ehemalige Landesbank WestLB und die landeseigene NRW-Bank beteiligt. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung haben die Verwaltungsgremien der meisten Kassen dem Deal bereits zugestimmt. Zumindest im Fall der WestLB wundert das nicht: Bankenchef Thomas Fischer ist gleichzeitig Aufsichtsratschef bei RWE.

„WestLB und NRW-Bank machen das aus politischen Gründen, die Sparkassen hoffen auf Rendite“, hieß es gestern aus dem Verwaltungsrat des Sparkasse Düren. Auch Verbraucherschützer reagierten empört: Von einer „unfassbaren“ Aktion sprach Aribert Peters, der Chef des Bundesverbandes der Energieverbraucher. „Das ist eine ganz üble Art, die Öffentlichkeit und das Kartellamt zu hintergehen“, sagte er der taz. Eine Stärkung des Oligopols auf dem Strommarkt führe zu höheren Preisen für die Verbraucher. Der grüne Fraktionsvize Rainer Priggen forderte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) auf, die Gründung einer „Parkgesellschaft für RWE“ zu verhindern: „Sie darf das nicht durchgehen lassen“, so Priggen.

Wirtschaftsministerin Thoben kündigte gestern eine „sehr sorgfältige Prüfung“ der RWE-Pläne an. Es sei klar, dass nicht zu einer Umgehung des Kartellrechts kommen dürfe. Obwohl Thoben Chefin des Verwaltungsrat der NRW-Bank ist, will sie von den Absichten des Essener Stromkonzerns nichts gewusst haben. „Die NRW-Bank hält nur zehn Prozent an SIG. Das ist so wenig, dass das nie Thema im Verwaltungsrat war“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Es sei erstaunlich, „auf welche Ideen“ RWE und WestLB immer wieder kämen. „Das ist das ganz alte NRW“, hieß es. RWE wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.

Neben dem Ministerium will auch das Bundeskartellamt die zukünftige Einkaufspolitik der SIG genau beobachten. Jeder größere Zukauf könne als Fusion betrachtet und dementsprechend geprüft werden, sagte eine Sprecherin. Gleiches gelte für den Fall, dass RWE von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch mache. Die Behörde werde nun prüfen, wie stark die Verbindungen zwischen der SIG und RWE seien.