Nicht verpassen!
: Aus dem Versteck

„Ein deutscher Terrorist“, 22.45 Uhr, ARD

Es waren nur zehn Minuten, Hans-Joachim Klein kosteten sie dennoch mehr als 25 Jahre. Es ist der 21. Dezember 1975, die in Wien tagende Konferenz der erdölexportierenden Länder wird von einem sechsköpfigen Kommando überfallen, drei Menschen sterben. Das Kommando entführt elf Minister mit einem Flugzeug nach Algerien und lässt sie dort gegen Lösegeld frei. Mit an Bord ist der schwer verletzte Hans-Joachim Klein. „Klein-Klein“, wie der 1947 in Frankfurt am Main Geborene in der linken Szene genannt wird, wird in den ersten Minuten des Überfalls von einem Querschläger getroffen, er wird notoperiert und mit den Geiseln ausgeflogen.

30 Jahre später sagt Klein: „Was hinter dem Opec-Überfall stand, ist mir erst Jahre, viele Jahre später klar geworden.“ Er äußert sich in dem Dokumentarfilm „Ein deutscher Terrorist“, den der Niederländer Alexander Oey 2005 gedreht hat und dessen deutsche Fassung jetzt in der ARD ausgestrahlt wird. Anfangs hatte Klein noch geglaubt, der Überfall diene der Unterstützung der „palästinensischen Sache“. Tatsächlich, sagt er heute, stand der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hinter dem Attentat.

Oey setzt hektischen Orginalaufnahmen ruhig geführte Interviews und Besuche Kleins an den früheren Schauplätzen gegenüber. Es entsteht ein Spannungsbogen, der erahnen lässt, welchen weiten Weg Klein gegangen ist: von der Politisierung in der Frankfurter Szene über den Anschluss an die „Revolutionären Zellen“, dann der Ausstieg aus dem Terrorismus und schließlich die Angst vor der Rache der GenossInnen und die Jahre währende Furcht vor einer Festnahme.

Mit Hilfe ehemaliger Frankfurter Weggefährten und einiger französischer Intellektueller konnte sich Klein in einem Dorf in der Normandie verkriechen. Im September 1998 wird er in der Dorfkneipe festgenommen, er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich selbst zu stellen, die Polizisten kamen ihm aber zuvor. Klein wurde 2001 zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt, zwischenzeitlich ist er aber wieder auf freiem Fuß und in die Normandie zurückgekehrt. Der Opec-Überfall, resümiert Klein, „das ist mein inneres Gefängnis, aus dem komme ich nie mehr raus“. WOLFGANG GAST