Kinderheim in Sri Lanka wird zur Todesfalle

61 tamilische Kinder sterben bei einem Angriff der srilankischen Armee. Rebellen: Kein Dialog mit der Regierung

WIEN taz ■ Der Tod von 61 tamilischen Schülerinnen im Bombenhagel bildet den bisherigen makabren Höhepunkt einer militärischen Eskalation in Sri Lanka. Die Kinder fielen gestern einem Luftangriff der srilankischen Armee zum Opfer. Weitere 64 wurden teils schwer verletzt in das Krankenhaus von Muluaitivu eingeliefert. Mädchen aus mehreren Dörfern des Bezirks Muluaitivu hatten einen Erste-Hilfe-Kurs im Kinderheim von Chencholai absolviert.

Laut Angaben der Tamilischen Befreiungstiger (LTTE) warfen vier israelische Kfir-Jets ohne Vorwarnung 16 Bomben auf zivile Einrichtungen im LTTE-verwalteten Gebiet im Nordosten Sri Lankas ab. Das LTTE-Friedenssekretariat sprach von einem „schrecklichen Terrorakt“. Das Internationale Rote Kreuz, das zunächst nur 21 Tote bestätigte, bedauerte, „dass Angriffe auf zivile Gebiete geflogen werden“.

Weiter nördlich, auf der Halbinsel Jaffna, die die Rebellen am Wochenende durch Attacken auf den Militärflughafen, Land- und Seeverbindungen vom Rest des Landes isoliert hatten, wird nach wie vor gekämpft. Es herrscht Ausgangssperre, unterbrochen sind auch die Telefonleitungen. Die LTTE meldete, sie hätte Einheiten der 53. Division der Armee, eine von den USA trainierte Truppe, zurückgeschlagen und das jüngst eroberte Territorium verteidigt. Auf der fast rein tamilisch besiedelten Halbinsel muss die Regierung ihre Kontrolle mit mehr als 30.000 singhalesischen Soldaten absichern. Mindestens 250 Militärs sollen in den letzten Tagen getötet oder verletzt worden sein. Ein Panzer wurde zerstört. Offiziell wurden Sonntag 27 Tote und 70 Verletzte auf Seiten der Armee zugegeben.

Während die Regierung ihre Angriffe mit Dialogangeboten begleitet, will die LTTE von Verhandlungen nichts wissen. S. Puleedevan, Leiter des LTTE-Friedenssekretariats, dementierte am Sonntag Berichte, wonach er über die skandinavische „Sri Lanka Monitoring Mission“ Gespräche angeboten hätte. „Die Regierung glaubt weiter, sie könne den Konflikt militärisch lösen“, erklärte der Rebellensprecher. Daher sei derzeit an einen Dialog, der den Waffenstillstand von 2002 retten soll, nicht zu denken.

Diesen Klarstellungen folgte gestern ein Attentat auf einen Armeekonvoi in der Hauptstadt Colombo, bei dem sieben Menschen getötet wurden. Sie waren im Rahmen einer Feier des pakistanischen Unabhängigkeitstages unterwegs. Pakistan beliefert die srilankische Armee mit 40 Panzern und anderem Kriegsgerät. RALF LEONHARD