Deutsche Bahn verdoppelt Gewinn

Hohe Benzinpreise und WM haben mehr Menschen in die Züge geholt. Dennoch könnten die Tarife bald steigen

BERLIN taz ■ Die Fußball-WM, neue Strecken und die anziehende Konjunktur haben für volle Züge bei der Deutschen Bahn gesorgt. Im ersten Halbjahr stieg ihr Betriebsgewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 936 Millionen Euro. Erstmals seit vielen Jahren haben alle Geschäftsbereiche schwarze Zahlen geschrieben, auch der defizitäre Schienengüterverkehr schloss das Halbjahr mit einem Plus von 104 Millionen Euro ab. Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn wertete diese Zahlen als Beleg für die Börsenreife der Bahn. „Wir melden das Unternehmen damit kapitalmarktfähig“, sagte er gestern in Frankfurt, in unmittelbarer Nähe zur Wertpapierbörse der Mainmetropole.

909 Millionen Fahrgäste zählte die Bahn im ersten Halbjahr in ihren Zügen, das waren 45 Millionen mehr als im ersten Halbjahr 2005. Die Fußball-WM habe 15 Millionen zusätzliche Kunden gebracht, sagte Mehdorn. Zudem hätten der hohe Benzinpreis, aber auch neue Strecken das Interesse an der Bahn erhöht. So seien zwischen Berlin und Leipzig seit der Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels in der Hauptstadt Ende Mai 20 Prozent mehr Kunden unterwegs. Das sorgte für einen Betriebsgewinn im Fernverkehr in Höhe von 58 Millionen Euro, nach 11 Millionen im vergangenen Jahr. Mit dem Regionalverkehr verdiente die Bahn 406 Millionen Euro, 80 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Der Fahrgastverband Pro Bahn bewertete die Zahlen ebenfalls positiv. „Sie zeigen, dass man mit einem vernünftigen Angebot unter entsprechenden Rahmenbedingungen – wie den aktuellen Benzinpreisen – Erfolge erzielen kann“, sagte Bundesvorsitzender Karl-Peter Naumann der taz. Allerdings sieht er in der Halbjahresbilanz keine Unterstützung für den von Mehdorn angestrebten Börsengang der Bahn inklusive des Schienennetzes. Denn gerade im Netz fehlten Investitionen, was die hohe Zahl von Langsamfahrstellen zeige. Die jetzt erzielten Gewinne sollte die Bahn daher wieder ins Netz investieren, forderte Naumann. Ferner müsse sie dafür sorgen, dass sie neugewonnene Fahrgäste nicht enttäusche.

Dies droht allerdings, denn die Bahn schließt steigende Fahrpreise wegen der wachsenden Energiekosten nicht aus. Derzeit stünden zwar keine Tariferhöhungen an, sagte Mehdorn. Allerdings beobachte die Bahn die Entwicklung der Energiepreise genau und werde „ sich Gedanken machen müssen, wo die Schallgrenze ist“. Im ersten Halbjahr stiegen die Energiekosten der Bahn um 20 Prozent. Auch Naumann räumt ein, dass die steigenden Energiepreise und der daraus entstehende Druck nicht wegdiskutiert werden können. Umso stärker müsse die Bahn nun daran arbeiten, mehr Fahrgäste in schwach ausgelastete Züge zu bringen. So könne sie mögliche Preiserhöhungen abfedern oder überflüssig machen. STEPHAN KOSCH