Kein Catwalk mehr am Mahnmal

FASHION WEEK Nach erfolglosen Versuchen, die Modefritzen vom Bebelplatz zu verbannen, macht sich das Abgeordnetenhaus jetzt auf, den Ort der Bücherverbrennung für kommerzielle Laufstege zu verbieten

Die umstrittene Modeveranstaltung Fashion Week soll vom Bebelplatz in Mitte endgültig verschwinden. Nachdem sich der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses im Juni 2010 – vergeblich – dagegen ausgesprochen hatte, dass Models über den Ort der Bücherverbrennung von 1933 staksen, will am heutigen Montag der Kulturausschuss mit einem Antrag von SPD und Linke samt Unterstützung der Oppositionsparteien den Widerstand erneuern. Der Senat soll darin aufgefordert werden, eine Ersatzfläche bereitzustellen.

Die Chancen auf ein Ende der Fashion Week am Bebelplatz stünden dabei nicht schlecht, sagte ein Sprecher der Kulturverwaltung am Sonntag der taz. Mit dem neuen gemeinsamen Vorstoß könnte es gelingen, die Show „sicher“ im Sommer 2011 von dort zu verbannen. Möglich sei sogar, die Modenschau noch im Februar 2011 von dort abzuziehen – wenn die Fraktionen dem Entschluss bald folgten. Als Alternativstandort nannte der Sprecher die Straße des 17. Juni für die Modemacher und ihre Kleiderständer.

Die Fashion Week – die Messe der Modedesigner – tagt trotz heftiger Kritik seit mehr als zwei Jahren im Sommer und Winter am Bebelplatz. In Harnisch geraten waren die Gegner der Modezeltstadt und des Auflaufs von jeweils 20.000 Besuchern wegen der Tatsache, dass das durch ein Fenster einsehbare unterirdische Bücherverbrennungsmahnmal des israelischen Künstlers Micha Ullman vom Fashion-Festzelt verdeckt wird. Ullman selbst hatte den Laufsteg über sein Werk „als aggressiven Eingriff in das Denkmal“ bezeichnet.

Sensibler historischer Ort

Die „Initiative Bebelplatz“ hatte 2009 daraufhin den Petitionsausschuss angerufen. Der forderte 2010 zweimal den Senat auf, diese Nutzung des Platzes künftig zu unterbinden. Für kulturelle Veranstaltungen sei der Platz geeignet, „für kommerzielle nicht“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Andreas Kugler (SPD). Der Bebelplatz sei als „sensibler historischer Ort“ kein geeigneter Standort für die Messe.

Nach Angaben der Veranstalter IMG wurde von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bisher aber kein neuer Platz angeboten, der den Ansprüchen der IMG genügt. Laut Wirtschaftsverwaltung seien hingegen über zehn Orte geprüft worden.

ROLF LAUTENSCHLÄGER