Weg vom „West and the rest“

SAMMLUNG Das Ethnologische Museum will im neuen Humboldt-Forum vieles besser machen

Beute von Seefahrern, Plünderungen von Soldaten, Grabschändungen durch Kolonialisten: Sind die Sammlungen des Ethnologischen Museums durch ihre oft anrüchige Herkunft noch tragbar in einer aufgeklärten, postkolonialen Gesellschaft?

Ein Ortstermin in Dahlem bei Peter Junge, Kurator der Afrikanischen Abteilung, und Monika Zessnik, Kuratorin der Nordamerika-Abteilung, zeigt, dass man sich dort mit Kolonialismuskritik auseinandersetzt – ihr aber auch nur bedingt folgen kann. „Wir werden im Humboldt-Forum die Genese der Sammlungen stärker thematisieren“, sagt Junge. Etwa die der Benin-Sammlung: Rund 500 Objekte aus dem ehemaligen Königreich in Nigeria gelangten durch militärische Plünderungen in den Kunsthandel und in die Hände des Museums. Eine fragwürdige Quelle, die man in Katalogen und Besucherhinweisen benennen will.

Rückgabeforderungen des nigerianischen Königs bezeichnet Junge dagegen als „unrealistisch“ – nach 35 Jahren habe man sich das Recht auf die Objekte „ersessen“. Man sei aber im Gespräch mit der nationalen Museumskommission von Nigeria, um Teile der Sammlung dort öffentlich zu präsentieren.

Schwierig finden es Junge und Zessnik, wenn eine deutsche Initiative Rückgabeforderungen nach einem Kameruner Perlenthron erhebt, den der König von Bamun Kaiser Wilhelm II. geschenkt hat – und der Nachfahre des Königs betont, er wolle den Thron gar nicht zurück.

„Die Frage ist manchmal, wer eigentlich in wessen Namen spricht“, sagt Zessnik. Man wolle überhaupt weg von der Dualität – „Wir und ihr“, „The West and the rest“ – und stattdessen die globalen Beziehungen sämtlicher Kulturen thematisieren. Auch an der eigenen Glaubwürdigkeit wollen die Museumsmacher kratzen: Das Museum gelte den Deutschen als vertrauenswürdigste Instanz Deutschlands nach der „Tagesschau“. Zu Unrecht, finden die beiden. Im Humboldt-Forum will man deshalb auch zeigen, was bisher nicht gezeigt wurde: dass es etwa im Nigeria des 19. Jahrhunderts ein ausdifferenziertes Zeitungswesen gab. Zeitungen galten schlicht als zu europäisch, um das damalige Afrikabild zu bedienen. NINA APIN