piwik no script img

Gewalt ist in Ordnung

ANTWORT Leser werfen dem taz.sotschi-Team Seximus vor

Betreff: Auch Frauen können schubsen, taz 18. 2. 2014 ; Datum: 19. 2. 2014, Absender: Kathy Czaja, „Was soll denn dieser Mist ?!“

Gleiche Rechte für Männer und Frauen in puncto geregelte Gewaltanwendung beim Eishockey?! Ginge es der Autorin um Sexismus im Regelwerk, würde sie wohl besser darüber nachdenken, was Gewaltanwendung und Gewalterfahrung („brutal, legal, unterhaltsam“) – ob bei Jungen_Mädchen oder bei Männern_Frauen – dauerhaft bewirkt!!

Natürlich können Frauen auch schubsen – und sie können ja nun auch legal (brutal ? unterhaltsam?) töten lernen per Bundeswehr! Was hielten die Autorin, die Spieler_innen, die ZEIT, die Zuschauer_innen usw. denn stattdessen mal vom Gedanken der Gewaltlosigkeit möglichst aller unabhängig von biologisch-sozialen Geschlechtern?! Unmöglich! Denn: „Gewalt erhöht wie auch der Sex die Einschaltquoten des > Sports“(S.B.). Taktik und Technik – schnarch! Was für eine kaputte Sicht auf die Welt und welche absurde dauerhafte Reproduktion von Gewalt und durch die Hintertüre Sexismus unter dem Mäntelchen des Antisexismus! Ich wünsche mir ein Meer von Balletttänzer_innen in jeder einzelnen Sportart!

Feministische Grüße von einer, die auch heftig schubsen usw. kann, aber BEWUSST nicht (fördern) will! Für keine_n!!!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

besinnen wir uns auf den olympischen Gedanken. Die Spiele werden im Sinne der Völkerverständigung ausgetragen über Krieg und Krisen hinweg. Der Mensch steht im Mittelpunkt, egal welcher Nation oder welchen biologisch-sozialen Geschlechts. Die Athletinnen und Athleten messen sich in Willenskraft, aber natürlich auch in körperlicher Stärke. Sportliche Fairness, gegenseitige Rücksichtnahme und die Einhaltung von Regeln sorgen dafür – so die Theorie.

Natürlich ist das in der Praxis nicht immer der Fall. Teilnehmer aus 88 Ländern nehmen in Sotschi teil und bringen unterschiedliche Wertesysteme mit. Abgesehen von Korruption und Doping, sind auch die Olympischen Spiele von den Problemen der restlichen Gesellschaft geprägt. Sexismus, mittelalterliche Frauenbilder, die strukturelle Ausgrenzung von Trans* und patriarchalische Gerüste gibt es auch bei den Spielen.

Das sind Phänomene der Gesellschaften, die im Sport anders aufblitzen: durch Frauen, die meinen, mit ihrer Nacktheit für sich und ihre Sportart werben zu müssen, oder durch Regeln wie dem Verbot der Bodychecks für Eishockeyspielerinnen.

Dabei sollen sich die nichtmännlichen Sportlerinnen natürlich nicht wie Männer verhalten müssen, um anerkannt zu werden. Doch sollten sie Vorlieben auch genauso wenig verstecken müssen, nur weil sie weiblich sind. Ich hoffe, wir sind uns einig, dass der Charakter eines Menschen nicht mit seinem Geschlecht in Verbindung zu bringen ist. Jeder Mensch kann selbstverliebt, vorlaut oder schüchtern sein.

Wer gut Schlittschuh fahren kann, darf sich für einen Sport wie Eishockey entscheiden, lieber Eistanz machen oder zu Hause auf dem Sofa sitzen. Eishockey ist eine raue Sportart, und es gibt Menschen, die das Raue mögen, als Spieler oder Zuschauer. Gewalt ist in Ordnung, solange alle damit einverstanden sind. Das gilt für Sport, für Sex und auch für den Schützenverein. Für Jäger nicht, denn die Tiere, die sie töten, sterben nicht freiwillig. Doch Menschen sollte man ihre Vorlieben nicht absprechen dürfen.

Regeln klären, was in Ordnung für alle ist. Und es ist toll, dass Teilnehmer aus 88 Nationen sich darauf einigen können. Sport ist ein Hilfsmittel auf dem Weg vom rohem Neandertaler zur gewaltlosen Gesellschaft.

Geregelte Aggression lässt sich wunderbar in eine athletische Leistung umwandeln. Die Teilnehmer messen sich körperlich, um Krieg und Krisen an anderen Orten zu verhindern. SVENJA BEDNARCZYK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen