Libanon: Bundeswehr am Rand
: KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE

Die Debatte um die Stationierung deutscher Soldaten im Nahen Osten zeigt, wie stark die politischen Lagergrenzen verwischt sind. Edmund Stoiber und Oskar Lafontaine sind gegen einen Einsatz der Bundeswehr, die SPD ist eher dafür. Die Gleichung „Links gleich pazifistisch, rechts gleich interventionistisch“ stimmt nicht mehr. Dies zeigt auch an, wie weit die Historisierung der NS-Zeit vorangeschritten ist. Die Geschichte wird zwar rhetorisch noch benutzt – als Kompass taugt sie nicht mehr.

Jenseits der Aufladung mit historischer Bedeutung spricht einiges für eine Beteiligung der Bundeswehr. Die internationale Gemeinschaft hat mühsam einen Waffenstillstand ausgehandelt und mit der Ankündigung verbunden, die UN-Truppe für eine Pufferzone bereitzustellen. Die Friedensstifter wären blamiert, wenn ihre Truppe zu spät käme oder zu klein wäre. Die UN stehen unter Druck – und die EU, auch Deutschland, muss helfen.

Dabei spricht viel dafür, dass auch dieser Bundeswehreinsatz – entgegen der dramatisierenden Rhetorik der CSU und der Linkspartei – eher unspektakulär verlaufen wird. Bundeswehr und Bundespolizisten werden wohl eher am Rande des Konflikts eingesetzt – an der heiklen Grenze im Südlibanon übernehmen Franzosen die internationale Präsenz. Das ist sinnvoll, weil sie im Libanon als eine Art Schutzmacht gelten und noch am ehesten nicht als Besatzer wahrgenommen werden.

Im besten Falle wird die UN-Truppe den Waffennachschub für die Hisbollah behindern und beim Wiederaufbau im Libanon helfen. Viel mehr wird sie nicht tun können. Auch mit einem robusten Mandat wird sie den Konflikt nicht zwangspazifizieren können. Und: Die Kämpfe sind nicht vorbei, sondern nur unterbrochen. Die Hisbollah fühlt sich nach dem törichten Krieg der Israelis stärker denn je. Ihre Entwaffnung liegt in weiter Ferne.

Es ist gut möglich, dass Israel schon bald wieder Hisbollah-Führer exekutiert und die Hisbollah wieder Raketen auf Israel abfeuert. Die Gefahr, dass die 15.000 UN-Soldaten eine Eskalation nicht werden verhindern können, ist groß. Doch gefährlicher, als diese Truppe zu schicken, ist wohl nur noch eines – sie nicht zu schicken.