MENSCHEN IN DER UMWELT
: Vattenfall, die Biomasse und der Energieverbrauch

KLIMASCHUTZ Um nichts Geringeres als die energetische Zukunft der Stadt geht es bei einer Podiumsdiskussion von Vattenfall-, Umwelt- und Parteienvertretern. Nach Applaus siegen am Ende der Debatte die Ökos

Vattenfall-Vertreter Knauber zog sogar die Kopie eines taz-Artikels aus der Tasche

Falls sich Rainer Knauber, Leiter des Konzernbereichs Politik und Gesellschaft des Energiekonzerns Vattenfall, am Dienstagabend unwohl gefühlt haben sollte, dann hat er das zumindest gut versteckt. Inmitten von Vertretern der Grünen, der Linkspartei und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, also Menschen, die nicht gerade dafür bekannt sind, Fossilien aus dem kapitalistischen Sektor der „Wir mögen Atomkraft und Kohle“-Fraktion zu schonen, schlug er sich tapfer durch eine Podiumsdiskussion.

Die Berliner Wirtschaftsgespräche hatten eingeladen und der Veranstaltung den Titel „Energiemix der Zukunft – Der Stellenwert der regenerativen Energien in Berlin“ verpasst. Dass es letztlich kaum um erneuerbare Energien in ihrer ganzen Bandbreite, sondern vor allem um Biomasse ging, wunderte nicht nur den Moderator, sondern auch das Publikum.

Auftritt Harald Wolf, Linkspartei, Wirtschaftssenator. Wenn es um Fossilien geht, müsste er sich auskennen, steckt doch sein Energiekonzept 2020, das bereits vor drei Jahren angekündigt war, immer noch in der Verwaltung fest. Daher nur Eckpunkte: bessere Rahmenbedingungen für die Nutzung erneuerbarer Energien, 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß und, natürlich, den Energiebedarf senken. Den Vorteil dieser langen Verfahrensdauer nannte Wolf nicht, aber er liegt auf der Hand: Sollte das Konzept im nächsten Jahr dann tatsächlich fertig sein, sind die Verwaltungsmitarbeiter noch so im Stoff, dass sie gleich anfangen können, am Konzept für 2040 zu arbeiten. Also an der Perspektive, an der gerade alle anderen auch sitzen.

Aus der Opposition hagelte es sogleich Kritik. „Wenn das Klimaschutzgesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird, wird es so von Ausnahmeregelungen durchsetzt sein, dass es nicht mehr zieht“, sagte Michael Schäfer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Ob er es war, der zuerst das Thema Biomasse ansprach, oder ob es sich im Dialog zwischen Moderator und Vattenfall-Vertreter ergab, ließ sich später nicht mehr rekonstruieren. Doch schnell wurde klar: Auch wenn Biomasse vielleicht nicht die energetische Zukunft der Stadt ist, so ist sie zumindest eine Konfliktquelle, die nicht so schnell versiegen wird. Vattenfall-Vertreter Knauber, der im Unterschied zu seinen Mitdiskutanten keine dicken Papierstapel auf den Knien liegen hatte, zog sogar die Kopie eines taz-Artikels aus der Tasche, der die zweifelhaften Arbeitsbedingungen von Biomasse-Zulieferern in Liberia offenlegte, um, als die Diskussion ein kleines bisschen hitzig zu werden drohte, entlastende Stellen zu zitieren. Der Moderator bemühte sich schließlich um Schlichtung: Es bestehe auf dem Podium ja wohl Einigkeit, dass der Energieverbrauch gesenkt werden müsse. Da nickte auch Knauber vorsichtig mit.

Am meisten zog übrigens die Wahlkampfrhetorik aus der Opposition: Schäfer war es, der den lautesten Zwischenapplaus erntete. Das erscheint im Hinblick auf die wirtschaftsnahe Klientel der Berliner Wirtschaftsgespräche bemerkenswert. Doch es würde das aktuelle Umfragehoch der Grünen zumindest ein Stück weit erklären. SVENJA BERGT