Vergewaltigungsverdacht gegen Wikileaks-Gründer

SCHWEDEN Staatsanwaltschaft hat ihren Beschluss erneut geändert. Assange weist Vorwürfe zurück

Assange hat in Schweden eine Aufenthaltserlaubnis beantragt

STOCKHOLM taz | Das Verwirrspiel um die strafrechtlichen Anklagen gegen Julian Assange geht weiter. Am Mittwoch nahm die schwedische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen Verdachts der Vergewaltigung gegen den Gründer der Internet-Plattform Wikileaks wieder auf. Schon vor eineinhalb Wochen war wegen dieses Verdachts ein Haftbefehl gegen Assange erlassen, wenige Stunden später wieder aufgehoben worden. Ermittelt wurde gegen Assange noch wegen sexueller Belästigung.

Die erneute Änderung kam aufgrund einer Beschwerde des Rechtsanwalts von zwei Frauen zustande, die die Tatvorwürfe gegen Assange erhoben hatten. Über die Art dieser Vorwürfe gibt es bislang keine offiziellen Angaben. Teilweise werden diese von einer Schwedin erhoben, die Assange im Rahmen eines Vortrags in Schweden betreute. Bei dieser 31-Jährigen soll Assange zeitweise gewohnt haben. In einem Zeitungsinterview hatte sie ihm später vorgeworfen, ein „schiefes Frauenbild“ zu haben und „Probleme damit, ein Nein zu akzeptieren“. Ihre Angaben bei der Polizei hatten zu dem Ermittlungsverfahren wegen Belästigung geführt, die die Staatsanwaltschaft nun zur sexuellen Nötigung hochgestuft hat. Der Vergewaltigungsverdacht bezieht sich auf die Angaben einer zweiten Frau, wonach zunächst einvernehmliche in nicht mehr einvernehmliche sexuelle Handlungen umgeschlagen sein sollen.

Dass gleich drei Anklagevertreter binnen eineinhalb Wochen zu drei derart unterschiedlichen strafrechtlichen Bewertungen der Tatvorwürfe kommen, ist auch in Schweden höchst unüblich. Statistisch kam es im vergangenen Jahr lediglich bei 0,04 Prozent aller Anklagen zu einer Änderung des ursprünglichen Beschlusses.

Julian Assange hat von Anfang an alle Vorwürfe bestritten. Einen von ihm zunächst geäußerten Verdacht, es könne sich um eine „Sexfalle“ und ein Komplott des Pentagon wegen der Veröffentlichung der Papiere über den Afghanistankrieg handeln, wiederholte er nicht mehr. Assange hat in Schweden eine Aufenthaltserlaubnis beantragt. Vermutlich will er von hier aus formal als Herausgeber von Wikileaks fungieren, wofür er auch eine schwedische Medienlizenz beantragt hat. REINHARD WOLFF