„Eine inklusive Sozialpolitik“

KONGRESS Grüne diskutieren, wie sich Armut verhindern lässt – und wie man ihre Folgen mildert

■ ist sozialpolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion.

taz: Herr Frehe, lässt sich Armut verhindern?

Horst Frehe: Grundsätzlich ja, allerdings nicht durch Sozialpolitik allein. Dazu wäre ein ganzer Mix von Maßnahmen notwendig, arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen, einschließlich der Einkommensumverteilung.

Dann kreist Ihr Kongress eher um Bundesrecht?

Nein, so nicht. Es stimmt zwar, zur Armutsverhinderung lässt sich auf Landesebene wenig tun: Am Vormittag debattieren wir deshalb darüber, wie das Sozialgesetzbuch zu ändern wäre. Länder und Kommunen können aber die Auswirkungen der Armut mildern.

Wie?

Indem sie die soziale Infrastruktur verbessern. Etwa beim Wohnen: Da haben wir dafür gesorgt, dass die Betroffenen nicht umziehen müssen, weil sie in einem teureren Stadtteil leben. So verhindern wir die soziale Entmischung der Quartiere. Ebenso kann man auch die Betreuung von Unter-Dreijährigen in Kitas sicherstellen, oder für Mittagessen in Schulen sorgen. Da wollen wir nachmittags konkrete Punkte für Bremen entwickeln – auch fürs Wahlprogramm.

Wer wählt denn die Grünen dafür? Die haben doch laut Sigmar Gabriel gar kein sozialpolitisches Profil…

Da irrt er sich. Die Grünen stehen für eine inklusive Sozialpolitik. Die orientiert sich an den ersten drei Artikeln des Grundgesetzes: Also der Menschenwürde, dem Recht auf persönliche Entfaltung und dem Verbot der Diskriminierung. Unsere Sozialpolitik bezieht alle mit ein, auch wenn sie vielleicht unbequem sind, obdachlos, oder auch delinquent geworden. Das ist unser Anspruch.

Den haben die rot-grünen Hartz-Reformen aber nicht verwirklicht.

Die waren ein Schritt zu einer selektiven Sozialpolitik. Das muss korrigiert werden. Ich sehe aber nicht, dass das für die Grünen etwas Neues wäre. Es geht eher darum, das Urgrüne wieder zu entdecken. INTERVIEW: BES

Kongress: 10.30 bis 17. 30 Uhr, Haus der Bürgerschaft