„Familien ertrinken“

FLÜCHTLINGSPOLITIK Der Autor des Buches „Blackbox Abschiebung“ hält einen Vortrag zum Thema

■ 40, Reporter und Moderator, Autor des Buches „Blackbox Abschiebung – Geschichten und Bilder von Leuten, die gerne geblieben wären“.

taz: Herr Oulios, in Ihrem Buch beschäftigen Sie sich unter anderen mit der Frage, welchen Sinn Abschiebepolitik überhaupt hat …

Miltiadis Oulios: Unsere Politik ist, was das Thema Abschiebung betrifft, ein Skandal! Trotz unserer Integrationspolitik schieben wir nach wie vor tausende Menschen ab. Es muss viel geschehen und ich glaube für viele ist es wichtig zu erfahren, was dieses absurde Phänomen Abschiebung bedeutet. Deshalb habe ich mich in meinem Buch mit diesen Fragen auseinandergesetzt und lasse Menschen sprechen, die betroffen sind und wissen, was es heißt, abgeschoben zu werden, oder wie es ist, sich einer Abschiebung zu entziehen.

Ist die Flüchtlingspolitik gescheitert?

Wenn man Deutschland heutzutage betrachtet, wirkt es multikulturell und weltoffener als je zuvor. Fakt ist aber, wir lassen Familien mit Kindern im Mittelmeer ertrinken, die Flüchtlingspolitik ist momentan nicht in der Lage, Menschenrechte zu schützen und Leben zu sichern, da fällt es schwer, von Erfolg zu sprechen.

Welche Veränderungen erwarten Sie?

Es sollte jedem Menschen, komplett unabhängig von seiner Herkunft, ein Recht auf Mobilität gewährt werden.

Welche Auswirkungen haben die Schiffsunglücke mit hunderten von Toten auf die deutsche Flüchtlingspolitik?

Es gibt positive Veränderungen: Politiker, die sich stark machen, dass Fluchtmöglichkeiten von syrischen Familien nach Deutschland vereinfacht werden, oder die Bemühungen, mehr Bürgerkriegsflüchtlinge in Nordrhein-Westfalen aufzunehmen. Das sind zwar Fortschritte, aber wir stehen ganz am Anfang.

Also doch erste Erfolge?

Natürlich, aber es gibt nach wie vor menschenrechtswidrige Abschiebepolitik in Europa, es existiert ein breites Spektrum. Die Herausforderung besteht darin, eine politische Lösung zu finden, die nicht nur kommunal oder auf Landesebene, sondern global den Ansprüchen der Flüchtlinge gerecht werden kann. INTERVIEW: ANNA MARIA VIDAL

Vortrag und Podiumsdiskussion „Flucht und Asyl: Herausforderungen für Deutschland und die EU“: 18 Uhr, Finanzbehörde, Gänsemarkt 36