Paris zögert mit Libanon-Truppe

Das Risiko ist für die Soldaten zu groß, sagen die Generäle. Offene Frustration bei den UN in New York

58 tote französische Soldaten 1983 in Beirut sind in Paris noch in Erinnerung

GENF taz ■ „Ich will meine Enttäuschung nicht verbergen.Wir hatten gehofft, dass Frankreich in der Lage ist, mehr zu leisten.“ UNO-Vizegeneralsekretär Mark Malloch Brown – sonst Diplomat in Perfektion – machte in der Nacht zum Freitag am Rande der New Yorker Truppenstellerkonferenz keinen Hehl aus seiner Frustration über das dürftige Angebot aus Paris.

Frankreich wolle mit der Entsendung von 3.500 Soldaten bis Ende nächster Woche das stärkste Kontingent und das „Rückgrat“ der Libanon-Truppe stellen und ihre Führung übernehmen, hatte Präsident Jacques Chirac Annan noch Anfang der Woche telefonisch angekündigt. Doch dann wurde die französische Regierung von der Führung der eigenen Streitkräfte zurückgepfiffen.

Bereits unmittelbar nach Verabschiedung von UN-Resolution 1701 Ende voriger Woche hatten hochrangige französische Offiziere und Geheimdienstler im Nahen Osten begonnen, die Kooperationsbereitschaft und Fähigkeit aller Seiten bei der Umsetzung der Resolution auszuloten. Dafür hatten sie nicht nur die Regierungen und Streitkräften Libanons und Israels konsultiert, sondern hatten auch Kontakt zur Hisbollah, nach Damaskus und Teheran aufgenommen.

Das Ergebnis war ernüchternd bis alarmierend: Ohne eine vorherige genaue Klärung von Mandat und Einsatzregeln für die Unifil bestehe erhebliche Gefahr, dass die französischen Soldaten vor Ort in nicht kalkulierbare militärische Auseinandersetzungen verwickelt und zum Ziel von Terroranschlägen der Hisbollah oder anderer Organisationen werden könnten, berichteten die Offiziere und Geheimdienstler der Streitkräfteführung in Paris. Dort ist nicht vergessen, dass bereits im Oktober 1983 bei einem Anschlag der Hisbollah auf die Beiruter Wohnquartiere des französischen Kontingents 58 Unifil-Soldaten getötet wurden. Und auch die 71 Blauhelme, die Frankreich zwischen 1992 und 1995 in Bosnien verlor, sind in schmerzhafter Erinnerung.

„Frankreich darf sich nie mehr wie damals in Bosnien an einer UNO-Truppe mit unklarem Mandat, unzulänglichen Einsatzregeln sowie mangelnder Ausrüstung und Bewaffnung beteiligen“, lautet die Konsequenz für die Führung der Streitkräfte. Jetzt muss Chirac dafür sorgen, dass die UNO-Resolution 1701, die er und Frankreichs Diplomaten im Wesentlichen gemeinsam mit den USA erarbeitet hatten, nachgebessert wird.

Andreas Zumach