Scharfe Töne aus Moskau

RUSSLAND Der Kreml erkennt die Übergangsregierung in Kiew nicht an. Flüchtiger Präsident Janukowitsch wird auf der Krim vermutet

BERLIN dpa/taz | Nach dem Machtwechsel in der Ukraine lässt die neue Führung in Kiew wegen „Massenmordes“ nach dem gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch fahnden. Ein Ermittlungsverfahren sei eingeleitet worden, teilte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow am Montag auf Facebook mit. Auch nach anderen Amtsträgern werde wegen desselben Vorwurfs gesucht.

Janukowitsch selbst hielt sich Awakow zufolge zuletzt auf der Halbinsel Krim auf. Die „Autonome Republik“ innerhalb der Ukraine gehörte bis 1954 zu Russland. Die Bevölkerung, die zu 58 Prozent aus Russen und nur zu 24 Prozent aus Ukrainern besteht, hatte während der Maidan-Proteste loyal zum nun gestürzten Präsidenten der Ukraine gestanden. Das gleiche gilt für das Nachbarland Russland, dessen Regierung die Legalität der neuen Führung in Kiew gestern in diversen Statements bezweifelte.

„Falls sich Leute, die in schwarzen Masken und mit Kalaschnikow-Sturmgewehren durch Kiew schlendern, als Regierung bezeichnen, so wird die Arbeit mit einem solchen Kabinett sehr schwierig sein“, so der Moskauer Regierungschef Dmitri Medwedjew. „Es gibt niemanden, mit dem wir dort sprechen können.“

Der Ministerpräsident kritisierte auch die Anerkennung der ukrainischen Übergangsregierung durch den Westen scharf. „Einige unserer westlichen Partner halten sie für legitim. Ich weiß nicht, welche Verfassung sie gelesen haben, aber es erscheint mir als eine Verirrung, für legitim zu halten, was in Wahrheit das Ergebnis einer bewaffneten Revolte ist“, so Medwedjew am Montag laut russischen Nachrichtenagenturen. Zuvor hatte das Außenministerium die „Machtergreifung“ der Opposition in Kiew kritisiert und Moskaus Botschafter zu „Konsultationen“ nach Hause gerufen.

Der russische Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew drohte der künftigen ukrainischen Regierung, die Handelsbeziehungen beider Staaten zu reduzieren. Sollte die Ukraine ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnen, sei Russland gezwungen, die Importzölle zu erhöhen, so Uljukajew im Handelsblatt. RR, SNY