Die Angst vor dem Dominoeffekt

WEISSRUSSLAND Diktator Lukaschenko verschärft die Gesetze. Demonstrationen, wie auf dem Kiewer Maidan, sollen so schon im Keim erstickt werden

BERLIN taz | Die Absetzung des ukrainischen Staatschefs Wiktor Janukowitsch nach monatelangen Protesten macht nicht nur den Kreml nervös. Auch ein anderer Autokrat ist alarmiert: Weißrusslands Staatspräsident Alexander Lukaschenko. Einen Maidan werde es in Weißrussland nicht geben, verkündete Lukaschenko bei einem Empfang anlässlich des Tages der Verteidiger des Vaterlandes am vergangenen Sonntag in Minsk.

Etwas Ähnliches wie in der Ukraine sei 2010 auch in Weißrussland versucht worden, sagte Lukaschenko. Am 19. Dezember 2010 waren in Minsk Zehntausende auf die Straße gegangen, um gegen die gefälschten Präsidentenwahlen zu demonstrieren. Sicherheitskräfte hatten die Kundgebung gewaltsam aufgelöst, Dutzende Demonstranten wurden festgenommen – darunter auch Präsidentschaftskandidaten der Opposition.

Das weißrussische Volk hat jetzt verstanden, dass so etwas wie in der Ukraine auch damals in Minsk hätte passieren können: „Aber wir haben keine Wasserwerfer und Tränengasgranaten eingesetzt und niemandem die Knochen gebrochen. Doch wenn jemand einen Soldaten, Milizionär oder ein Mitglied der Spezialeinheiten angegriffen hätte, wäre die Antwort eindeutig und wird das auch künftig sein“, sagte Lukaschenko.

Doch so ganz scheint der Präsident seinem Volk nicht zu trauen. Unter dem Titel „Lukaschenko bereitet sich darauf vor, auf das Volk zu schießen“ berichtete das russische Nachrichtenportal gazeta.ru am Montag von einer Verschärfung des Gesetzes über den Kriegszustand. Als kriegerische Bedrohung soll bereits die „Aufwiegelung zu Massenunruhen“, die von der Armee niedergeschlagen werden dürfen, gelten. Während des Kriegszustandes müssen Massenmedien ihre Arbeit einstellen. Zudem werden die Möglichkeiten zur Abhörung und Überwachung ausgeweitet.

Ob das neue Gesetz Lukaschenko nützt, ist fraglich. „Die Ereignisse in der Ukraine werden die gesamte Region beeinflussen“, heißt es auf dem weißrussischen oppositionellen Webportal Chartija 97. „Auch in Weißrussland wird es zu Veränderungen kommen.“ BARBARA OERTEL