atomausstieg
: Ministerin unter Verdacht

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben hat in Abstimmung mit den CDU-Ländern ein Papier zur Atompolitik geschrieben. Tenor: Die weitere Abschaltung von Atomkraftwerken soll vermieden werden. Das ist keine neue oder gar originelle Meinungsäußerung. Seit Jahren mobben CDUler gegen den von Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg. Seit in Berlin eine große Koalition regiert, steigt die Taktzahl der beleidigten CDU-Attacken gegen die gesetzlich geregelte Antiatomwende – zumal die SPD und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel den Ausstieg verteidigen. Nun also ein CDU-„Pakt“ pro Atom. So weit, so schlecht.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Warum aber beauftragen die anderen CDU-Länder ausgerechnet eine Wirtschaftsministerin aus NRW, einem Land ohne Atomkraftwerk, mit der Ausarbeitung eines solchen Papiers? Offenbar bildet die Regierung des bevölkerungsreichsten Bundeslandes die neue Speerspitze eines energiepolitischen Roll-Back. Erst lobt FDP-Vizeministerpräsident Andreas Pinkwart die „Kernsicherheitsforschung“ im Land, jetzt wird CDU-Ministerin Thoben vorgeschickt.

Die Chancen der CDU, ihre atompolitischen Phantasien in die Tat umzusetzen, sind gering. Nicht nur die SPD ist gegen ein Ende des Atomausstiegs. Auch die Bevölkerung lehnt die gefährliche Technik gerade angesichts des aktuellen Störfalls im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark klar ab. Dennoch ist das Papier aus dem Hause Thoben aufschlussreich. Nicht zum ersten Mal setzt sich die CDU-Ministerin dem Verdacht aus, als Fürsprecherin von Konzerninteressen aufzutreten. Hintergrund der Antiausstiegsdebatte sind nicht zuletzt die Forderungen mächtiger Stromfirmen wie RWE, alte Kraftwerke wie den hessischen Meiler Biblis A länger zu Geld machen zu wollen. Demnächst will der Essener Konzern den Antrag auf Laufzeitverlängerung stellen. Falls Thoben ihr Papier aus diesem Grund jetzt veröffentlicht haben sollte, wäre sie nicht mehr als eine Wirtschaftsministerin der Konzerne.