Schwammiger Begriff

betr.: „Migranten dürfen auch in die Statistik“, taz vom 16. 8. 06

Dass die Einführung des höchst schwammigen Begriffs „Migrationshintergrund“ wirklich ein Grund zur Freude ist, bezweifle ich – denn er impliziert ja im Gegenzug die Vorstellung, dass es unter den deutschen Staatsbürgern so etwas wie „echte Deutsche“ gäbe.

Aber davon ganz abgesehen: Die Stadt Berlin ist traditionell seit Jahrhunderten ein Zentrum der Einwanderung – und wenn man für Kinder und Enkel von Einwanderern eine besondere Kategorie einführt, muss man sich nicht wundern, wenn jene dann dort auch auftauchen. Was das bringen soll, außer dem bekannten alternativen Geschrei ums „Einwandererland“, weiß ich nicht. Ich mache jedoch darauf aufmerksam, dass die Berliner Vorstellung, so besonders „international“ zu sein, auf einem Missverständnis beruht: Der Ausländer-/Migrationshintergrundsanteil Berlins ist natürlich höher als der deutsche und sogar altwestdeutsche, weil Berlin eine Großstadt ist. Ein Vergleich etwa mit Ostfriesland ist aber nicht sinnvoll. Vergleicht man dagegen Berlin mit Ballungszentren wie Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg, Köln, dann relativiert sich die Berliner Situation. Wahrscheinlich wäre Frankfurt dann sehr viel „internationaler“. Vom Ruhrgebiet, das praktisch seit 150 Jahren hauptsächlich aus inner- und außerdeutschem Migrationshintergrund besteht, gar nicht zu reden. ANDREAS THOMSEN, Essen

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